Malerei

Die Geschichte des Chiaroscuro und bekannte Anwender der Malweise

Chiaroscuro Hero

Chiaroscuro ist ein Begriff aus der Malerei und bezieht sich auf die Verwendung von hellen und dunklen Farbflächen, um die Illusion eines dreidimensionalen Raumes auf einem ebenen Malgrund zu erzeugen. 

Im engeren Sinne wird der Begriff Chiaroscuro verwendet, um Kunstwerke zu beschreiben, die einen extremen Kontrast zwischen Hell und Dunkel aufweisen, der als gestalterisches Mittel zur Steigerung des Ausdrucks eingesetzt wird.

Der Begriff stammt aus dem Italienischen und kann mit "hell-dunkel" übersetzt werden. Chiaro bedeutet hell oder klar und scuro bedeutet dunkel.

Die Ursprünge des Chiaroscuro

Chiaroscuro geht auf das Werk von Apollodor von Athen zurück, einem griechischen Maler, der mit schraffierten Schatten Volumen andeutete.

Keines der Werke von Apollodor ist erhalten geblieben, aber Beispiele seiner "Schattenmalerei"-Technik sind in anderen hellenistischen Kunstwerken zu sehen. Das Mosaik Hirschjagd aus dem 4. Jahrhundert v.Chr. ist ein gut erhaltenes Beispiel des frühen Chiaroscuro.

Gnosis, Kieselmosaik einer Tierjagd aus Pella, ca .300 v.Chr.

Gnosis, Kieselmosaik einer Tierjagd aus Pella, ca .300 v.Chr.

Chiaroscuro in der Renaissance

Im 15. und 16. Jahrhundert führte das große Interesse an der klassischen Kunst dazu, dass Renaissance-Künstler frühere Farbgebungstechniken übernahmen und verbesserten.

Der erste Renaissance-Meister, der Schattierungstechniken entwickelte, um einen echten Hell-Dunkel-Effekt zu erzielen, war Leonardo da Vinci.

Da Vinci erweckte seine Figuren zum Leben, indem er ihnen Volumen einhauchte. In seinen Zeichnungen fing er mit dunklen Tönen auf farbigem Papier an und arbeitete sich zu den helleren Tönen vor. Einzelne Akzente fügte er meist mit weißer Gouache oder heller Kreide hinzu.

Leonardo da Vinci, Virgin and Child with St Anne and John the Baptist

Leonardo da Vinci,  Burlington House Karton, 1499/1500

Die Ölfarben als Schlüssel zum Chiaroscuro

Renaissance-Künstler waren daran interessiert, die Welt wiederzugeben, die sie um sich herum sahen. Die Vertiefung der linearen Perspektive durch den Architekten Filippo Brunelleschi gab den Künstlern die Möglichkeit, die Illusion von Tiefe und realistischer Proportion auf einer ebenen Malfläche zu erzeugen.

Eine ebenso wichtige Entdeckung in dieser Zeit war der Einsatz der Ölfarbe. Vor der Renaissance war die schnelltrocknende Temperafarbe das beliebteste Medium. Das Medium ist aufgrund seiner kurzen Trocknungszeit allerdings schwierig zu mischen und eignet sich aufgrund der hohen Deckkraft nicht für die Schichtung.

Ölfarbe, die als Bindemittel ein Öl (z.B. Leinöl) verwendet, trocknet wesentlich langsamer. Diese langsame Trocknungszeit in Kombination mit ihrer Transparenz ermöglicht es, Farbschichten so dünn übereinander aufzutragen, dass die tieferen Farbschichten bis zur Oberfläche durchschimmern.

Dies erleichterte es Renaissance-Künstlern, schrittweise Farbtöne zu vermischen und aufzubauen, wodurch das Chiaroscuro eine geeignete Technik zur Modellierung realistischer Formen wurde.

Tenebrismus

Ein weiterer Begriff für diese Hell-Dunkel-Malerei ist Tenebrismus, was aus dem italienischen stammt (tenebroso) und dunkel oder finster bedeutet.

Caravaggio, David mit dem Haupt des Goliath, 1610

Caravaggio, David mit dem Haupt des Goliath, 1610

Im obigen Gemälde erstrahlt David in einem hellen Licht, das von der linken Seite des Bildes auf ihn fällt. Er wurde mit weichen Tönen und weichen Übergängen gemalt. Beachte außerdem, wie sich die im Schatten liegenden Teile Davids sanft mit dem schwarzen Hintergrund verschmelzen.

Im Gegensatz dazu wird Goliaths abgetrennter Kopf, an dem noch Blut aus dem Hals strömt in den unteren rechten Vordergrund geschoben. Das Licht fällt unmittelbar auf Goliath und erhellt die Schatten seines Haares, seiner gefalteten Stirn und seiner versenkten Augen.

Mehr: 5 Werke von Caravaggio, die seine malerische Meisterschaft belegen

Caravaggio und der Caravaggismus

Der italienische Maler Michelangelo Merisi da Caravaggio aus dem 17. Jahrhundert brachte das Chiaroscuro auf den Höhepunkt, verdunkelte oft große Teile des Hintergrundes und beleuchtete die Motive des Vordergrundes.

Diese Kombination aus hohem Kontrast und einer einzigen Lichtquelle hatte eine unglaublich dramatische Wirkung.

Im folgenden Bild werden die Motive von einer einzigen Lichtquelle beleuchtet, die von der rechten Seite des Bildes kommt. Die Dramatik in der Szene wird durch den starken Kontrast zwischen den dunklen Schatten und den warmen Akzenten und Zwischentönen verstärkt. Das Licht richtet die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Personen, die am Tisch sitzen.

Caravaggio, Berufung des Hl. Matthäus, 1600

Caravaggio, Berufung des Hl. Matthäus, 1600

Die Verwendung großer Flächen mit schwarzem Hintergrund in Kombination mit hell erleuchteten Motiven ist so eng mit Caravaggios Werk verbunden, dass man diese Malweise heute auch als Caravaggismus bezeichnet.

Niederländisches Chiaroscuro

Andere Künstler näherten sich der Hell-Dunkel-Malerei etwas feinfühliger und verwendeten das Chiaroscuro, um eine ruhige und nachdenkliche Stimmung zu erzeugen.

Der niederländische Meister Rembrandt van Rijn ist bekannt für seinen subtilen Umgang mit der Technik.

Im folgenden Selbstporträt von Rembrandt untersucht der Künstler mit seiner Pinselführung die Beziehung zwischen Licht und Schatten. Im Gegensatz zu vielen anderen Porträts ist der größte Teil von Rembrandts Gesicht im Schatten gelegen, wobei nur eine Seite seines Gesichts leicht dem Licht ausgesetzt ist. Der Hintergrund ist mit mittleren Tönen gemalt, nicht wie bei vielen anderen Bildern dieser Technik tiefschwarz.

Selbstporträt in jungen Jahren, 1628, Öl auf Eiche, 22,6 x 18,7 cm

Selbstporträt in jungen Jahren, 1628, Öl auf Eiche, 22,6 x 18,7 cm

Chiaroscuro im Kerzenlicht 

Der französische Künstler Georges de La Tour verwendete oft Kerzen als Hauptlichtquelle für seine Bilder. In dem Gemälde unten benutzte er Kerzenlicht, das von einem Spiegel reflektiert wird, um eine sitzende Maria Magdalena zu erleuchten.

In diesem Gemälde spürt man regelrecht die Wärme des Kerzenlichts. Das Papier in der Hand der Figur leuchtet wie glattes Gold.

Georges de La Tour, Die reumütige Maria Magdalena, 1640

Georges de La Tour, Die reumütige Maria Magdalena, 1640

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.

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