Zeichnung

Albrecht Dürers Betende Hände und die Kontroverse um den Zweck der Zeichnung

Albrecht Dürer, Betende Hände, 1508Albrecht Dürer, Betende Hände, 1508

Anfang des 16. Jahrhunderts schuf Albrecht Dürer die Tintenzeichnung, die wir als Betende Hände kennen. Die Zeichnung wurde auf blau getöntem Papier ausgeführt, das Dürer selbst hergestellt hatte.

Lange Zeit glaubte man, die Zeichnung gehöre zu einer Reihe von Skizzen, die Dürer zur Vorbereitung des Heller-Flügelaltars anfertigte. Diese Annahme wird nun in Frage gestellt.

Sehen wir uns die verschiedenen Deutungsansätze und die damit zusammenhängenden Interpretationsmöglichkeiten von Albrecht Dürers Betenden Händen einmal genauer an.

Kontroverse um die Zweckbestimmung der Betenden Hände Dürers

Ursprünglich wurde angenommen, dass Albrecht Dürer die Hände als Vorstudie für einen Apostel auf dem Heller-Altar gezeichnet hat.

Jobst Harrich, Rekonstruktion des Heller-Altars

Jobst Harrich, Rekonstruktion des Heller-Altars

Eine neue Meinung, die sich aus umfangreichen Recherchen herausgebildet hat, nimmt an, dass die Arbeit tatsächlich Teil der Bemühungen des Künstlers war, mit denen er seine technische Begabung bei potenziellen Auftraggebern präsentieren wollte.

Das in dieser Zeichnung gelieferte Detail ist außergewöhnlich, weshalb es berechtigte Zweifel daran gibt, dass es sich lediglich um eine vorbereitende Skizze für eine Hauptarbeit handeln soll, die leider nicht mehr erhalten ist.

Christof Metzger, der die jüngste Dürer Ausstellung in der Albertina in Wien kuratiert hat, hält es für mehr als wahrscheinlich, dass der Künstler seine eigenen Hände als Referenz für diese Zeichnung verwendet hat.

Obwohl das Altarbild aufgrund eines Brands nicht mehr existiert, ist eine von Jobst Harrich im 17. Jahrhundert angefertigte Kopie noch heute erhalten. Diese Kopie befindet sich ebenso wie die Betenden Hände in der Albertina in Wien.

Die Kontroverse über die Rolle dieses Kunstwerks geht auf das 19. Jahrhundert zurück, als man glaubte, dass diese Zeichnung speziell als Vorbereitungsskizze für einen Apostel in der rechten unteren Hälfte des Heller-Altars geschaffen wurde.

Aus Jobst Harrichs Rekonstruktion: Betende Hände des Apostels

Aus Jobst Harrichs Rekonstruktion: Betende Hände des Apostels

Noch 2013 wurde diese Ansicht in bedeutenden Ausstellungen im Frankfurter Städel Museum und in der National Gallery of Art in Washington, DC vertreten.

Hinweis: Es ist schwierig, Nachforschungen über ein Kunstwerk anzustellen, das vor rund 500 Jahren geschaffen wurde. In vielen Angelegenheiten der Kunstgeschichte lassen sich Argumente für sowie gegen einen bestimmten Standpunkt finden.

Metzger erläuterte noch etwas genauer, warum er glaubt, dass es sich bei diesem Werk um mehr als nur eine Studienskizze handelt. Er verweist auf die Präsentationsmethode des Künstlers, der potentielle Auftraggeber in sein Atelier einlud und dort seine besten Arbeiten zeigte.

Außerdem hätte das fertige Altarbild niemals diesen Detailgrad erfordert, und es hätte keinen Sinn gehabt, dass Dürer so viel Zeit mit den Betenden Händen verbracht hätte, wenn er nicht einen tieferen Zweck verfolgt hätte.

Interpretationsansatz und anhaltende Faszination für die Zeichnung

Die in einer bittenden Geste verharrenden Hände zeugen von dem Bestreben des Künstlers, die Essenz des Menschseins einzufangen. Dürers akribische Darstellung geht über das Oberflächliche hinaus und zeichnet die Sehnen und Konturen nach, die von den Anstrengungen und Errungenschaften des Lebens erzählen.

Das verwitterte und gealterte Aussehen der Hände wird zu einer Metapher für das Fortschreiten der Zeit und die Summe menschlicher Erfahrungen.

Was die Betenden Hände so unvergänglich macht, ist ihr Vermögen, zeitliche und kulturelle Grenzen zu überwinden. Ursprünglich möglicherweise im christlichen Kontext der Aposteldarstellung konzipiert, hat sich die Zeichnung zu einem universellen Symbol entwickelt, das Menschen unabhängig von ihrer religiösen Überzeugung anspricht.

Das Motiv verkörpert das universale Streben des Menschen nach Trost, das Bemühen um Stärke und den Weg durch den Irrgarten des Lebens.

Albrecht Dürers Betende Hände in der modernen Kultur

Obwohl Albrecht Dürers Betende Hände über 500 Jahre alt sind, erscheinen sie auch heute noch in der modernen Kultur in den verschiedensten Formen.

Beispiele, wo das Bild der Betenden Hände verwendet wurde:

  • 2011 hat ein Student in Athen ein zehngeschossiges Gebäude im Zentrum der Stadt mit einem Graffiti nach Dürers Vorbild besprüht. Das Wandgemälde unterscheidet sich vom Original dadurch, dass die Hände auf dem Kopf stehend an das Gebäude gemalt wurden.
  • Das Cover für den Song "6 God" auf Drakes Album If You're Reading This It's Too Late verwendet eine Version der Originalzeichnung.
Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.