Malerei

7 Tipps zur Alla Prima Malerei mit Ölfarben

Alla Prima MalereiFrans Hals, Malle Babbe, 1633 - 1635

Von der Primamalerei - oder auch Alla Prima Malerei (alla prima, ital. = aufs erste) - spricht man, wenn man nasse Farbe in noch nicht getrocknete Farbschichten hineinmalt. Eine alternative Bezeichnung für alla prima ist der Begriff der "Nass-in-Nass"-Technik. Aufgrund der langen Trocknungszeit der Ölfarbe und dem hohen Wassergehalt der Aquarellfarbe ist diese Malweise für diese beiden Medien am besten geeignet.

In der Alla Prima Malerei wird das gesamte Gemälde gewöhnlicherweise in einer Sitzung gemalt. Auf ein Schichten der Farbe, wie es beispielsweise beim Verdaccio der Fall ist, wird bei der Primamalerei verzichtet.

Die Technik der Alla Prima Ölmalerei wurde vom flämischen Maler Frans Hals entwickelt. Davor verwendeten die meisten Ölmaler Untermalungen und eine Schichtung der Farbe, um ihr Motiv möglichst realitätsnah abbilden zu können. Seitdem ist der direkte Nass-in-Nass-Farbauftrag bei vielen modernen Malern zu einer beliebten Technik geworden.

Der Impressionismus, dessen Anliegen unter anderem die Wiedergabe der Flüchtigkeit einer bestimmten Szene war, hat die Popularität der Primamalerei auf bis dato ungeahnte Maße erhöht.

Damit du dir die Technik selbst zunutze machen kannst, sind hier 7 Tipps, mit denen dir die Alla Prima Malerei besser gelingen wird.  

1. Male den Gesamteindruck des Motivs zuerst

Es gibt viele Möglichkeiten, wie du ein Alla prima Gemälde beginnen kannst, aber eine der effektivsten Methoden besteht darin, den ersten Eindruck vom Motiv so schnell wie möglich mit verdünnter Farbe festzuhalten. Anschließend kannst du das Gemälde noch einmal mit mehr Details durchgehen.

Dadurch erzielst du eine Reihe von Dingen:

  • Du kannst die Leinwand schnell mit Farbe bedecken. Auf diese Weise verlierst du dich nicht in den kleinen Details, bevor du einen Gesamteindruck geschaffen hast
  • Es erlaubt dir, deine instinktiven malerischen Fähigkeiten zu nutzen
  • Du sparst Farbe, weil du nicht die ganze Leinwand mit dicker, pastoser Farbe bedeckst (siehe auch: Impasto)

Es liegt nahe, dass John Singer Sargent bei dem folgenden Gemälde seinen ersten Eindruck schnell mit matten Tönen gemalt und dann erst die feineren Details und Highlights noch einmal ausgeschmückt hat. 

John Singer Sargent, Dorothy Barnard, 1885

John Singer Sargent, Dorothy Barnard, 1885

Wenn du mit direkt mit den Feinheiten anfängst, ist die größte Schwierigkeit das Erstellen eines in sich schlüssigen Gesamteindrucks des Motivs. Der erste Eindruck von einer Ansicht umfasst oft die Gesamtperspektive des Motivs. Feinere Details kannst du später immer noch malen, wenn das "Gerüst" deines Bildes erst einmal steht.

2. Tipps zum Auftrag auf noch feuchter Farbe

Das Mischen von Farben auf der Leinwand wird entweder eine spannende Herausforderung oder Kopfschmerzen bereiten, je nachdem, wie du malen möchtest. Ich persönlich finde es eine spannende Herausforderung, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass ich mich nicht gerne um kleine Details oder Fehler kümmere.

Hier sind einige Tipps, die dir helfen, das Mischen der Farben auf der Leinwand im Sinne der Alla Prima Malerei zu berücksichtigen:

  • Bedenke die Farbe, die sich bereits auf der Leinwand befindet. Wenn du eine dunkle Farbe mischst, die du auf eine helle Farbe auf der Leinwand auftragen willst, dann solltest du die dunkle Farbe einen Tick dunkler machen, als das finale Ergebnis aussehen soll. Auf diese Weise gleichst du die durch die tiefer liegende Farbschicht verursachte Farbabweichung ab.
  • Um Farbe auf eine nasse Schicht ohne große Vermischung aufzutragen, benutze einen mit Farbe voll geladenen Pinsel oder ein Palettenmesser und ziehe die Farbe leicht über die Oberfläche.
  • Nimm dir Zeit mit dem Vormischen auf deiner Palette, bevor du den Pinsel auf die Leinwand legst. Versuche, dich so wenig wie möglich auf Schätzungen bei der Farbmischung zu verlassen. Sobald die Farbe auf die Leinwand trifft, ist sie schwieriger zu kontrollieren.
  • Fett auf mager: In der Ölmalerei wirst du es schwer haben, magere Farbe über fette Farbe zu malen, ohne sie zu vermischen. Arbeite dich in Ölfarbe von dünnerer Farbe in mehreren Schichten zu dickerer Farbe mit höherem Ölanteil vor. 

Wenn es richtig gemacht wird, kann das Mischen auf der Leinwand zu einem sehr harmonischen Effekt führen, wie im Bild unten.

3. Bewahre dir die Akzente für den Schluss auf

Das kommt auf die persönliche Vorliebe an, aber ich möchte meine dunklen, hellen und lebhaften Akzente für den Schluss in den meisten meiner Bilder speichern, nachdem ich die allgemeine Struktur mit Mitteltönen festgelegt habe.

Indem du erst die mittleren Farbtöne malst, bevor du dich an die an hellen und dunklen Stellen wagst, stellst du sicher, dass die Highlights voll zur Geltung kommen.

Manche Künstler gehen anders vor: Sie scheuen sich nicht, die Highlights in einen Teil ihres Bildes zu malen, auch wenn die Basis noch gar nicht fertig ist. Sie malen dann um die farblichen Höhen und Tiefen herum, um sie nicht zu verwischen.

Für die meisten Künstler ist es jedoch einfacher, wenn sie erst das Fundament ihres Bildes legen und sich die besonderen Akzente für den Schluss aufheben. So hast du einen recht zügigen Start und musst nicht darauf achten, dass du die Highlights nich versehentlich übermalst.

Wenn du genau hinsiehst, wirst du im folgenden Gemälde von John Singer Sargent sehen, wie er die farblichen Akzente zum Schluss gemalt hat, als er mit dem Rest schon fertig war.

Vor allem die weißen Pinselstriche, die schwarzen Akzente am Gehölz und an den Gläsern sowie einige ockerfarbige Flächen des Bodens stehen bei Einzelbetrachtung hervor, fügen sich aber im Gesamtbild harmonisch ein.

Alla Prima Malerei Sargent

John Singer Sargent, Wine Glasses, 1875

4. Arten der Pinselführung kontrastieren

Wenn du alla prima malst, kannst du so beinahe jede Maltechnik außer der Glasur anwenden. Dadurch hast du viele Möglichkeiten, verschiedene Arten der Pinselführung in unterschiedlichen Kombinationen zu präsentieren.

Es ist auch ein Leichtes, bei der Alla prima Malerei verschiedene Pinselführungen und Techniken gemeinsam zu verwenden, da es ohnehin zu einer leichten Mischung auf der Leinwand kommt.

Im Vergleich zum langsamen Aufbau des Motivs mit übereinander liegenden Schichten (Malen und Trocknenlassen), kommt es immer zu einer Mischung der Farbe, sodass die unterschiedlichen Farben und Techniken besser miteinander harmonieren.

Eine Harmonie mit stärkeren Kontrasten zu finden, erfordert ein fortgeschrittenes Verständnis dieser Konzepte.

Impasto Rembrandt

Rembrandt, Selbstbildnis als Zeuxis, 1662

Im Gemälde von Rembrandt setzte er beispielsweise die glatte Pinselführung für die Dunkelheit und ein starkes Impasto für die beleuchteten Stellen ein (Haut, Kleidung). Dies verstärkt den Kontrast des Chiaroscuro und betont die hellen Stellen.

Ist der Künstler allerdings nicht in der Lage, diese Techniken zu balancieren, wirkt das Ergebnis schnell chaotisch und unausgewogen.

Bei der Alla Prima Malerei wird dieser Effekt immer ein wenig abgeschwächt, sodass du weniger Probleme mit der Variation der Pinselführung haben solltest.

5. Schabe und kratze in deiner Alla Prima Malerei

Einer der Hauptvorteile der Arbeit mit alla prima ist, dass du nicht nur die Möglichkeit hast, Farbe aufzutragen, sondern sie auch wieder abtragen kannst. Um dies zu tun, kannst du die Spitze deines Palettenmessers oder das stumpfe Ende deines Pinsels verwenden.

Hier sind einige Beispiele, wann du diese Technik anwenden kannst:

  • Zarte Äste in einer Landschaft. Dies ist besonders nützlich, wenn du auf einen farbigen Malgrund malst und diesen an manchen Stellen durch die Farbe hervorholen willst. 
  • Um eine raue Textur an Steinen zu erzeugen, kannst du mit einem Spachtel die Farbe von einer nassen Oberfläche wegkratzen und eine gebrochene Farbwirkung hinterlassen.
  • Um dein Gemälde zu signieren, sobald es fertig ist. Manche Künstler finden es einfacher, Farbe wegzuschaben, um die Signatur zu hinterlassen, als diese mit dem Pinsel aufzutragen.

Zarte Äste in einer Landschaft. Dies ist besonders nützlich, wenn du auf einen farbigen Malgrund malst und diesen an manchen Stellen durch die Farbe hervorholen willst.

Um eine raue Textur an Steinen zu erzeugen, kannst du mit einem Spachtel die Farbe von einer nassen Oberfläche wegkratzen und eine gebrochene Farbwirkung hinterlassen.

Um dein Gemälde zu signieren, sobald es fertig ist. Manche Künstler finden es einfacher, Farbe wegzuschaben, um die Signatur zu hinterlassen, als diese mit dem Pinsel aufzutragen.

6. Male nicht zu schnell und nicht zu langsam

Wenn die Menschen daran denken, alla prima zu malen, stellen sie sich normalerweise einen Künstler vor, der die Farbe ganz hektisch und möglichst schnell auf die Leinwand aufträgt. Aber alla prima muss nicht schnell sein. Und doch sollte es auch nicht langsam sein.

Du solltest in einem Tempo arbeiten, das sich angenehm anfühlt. Ein Tempo, das schnell genug ist, um deinem Instinkt zu erlauben, die Kontrolle zu übernehmen, aber langsam genug, um die Kontrolle zu behalten und bewusste Entscheidungen zu treffen.

Beachte auch, dass das, was für dich schnell aussehen könnte, für einen anderen langsam und kontrollierbar sein kann. Fortgeschrittene Künstler lassen es mühelos aussehen, da sie ohne zu zögern Farbe auf die Leinwand zu malen scheinen. Aber für sie fühlt sich alles langsam und unter Kontrolle an.

In seinen Alla Prima Gemälden war der impressionistische Künstler Joaquin Sorolla für seine äußerst zügige Malweise bekannt. Er sagte einst über sich, dass er nicht langsamer arbeiten könnte, da die dargestellten Momente eine solch flüchtige Natur hätten, dass sie rasant verarbeitet werden müssten.

Joaquin Sorolla, San Vicente Cape, 1919

Joaquin Sorolla, San Vicente Cape, 1919

7. Akzeptiere die Unvorhersehbarkeit der Alla Prima Malerei

Wenn man Alla Prima malt, wird immer ein Element der Ungewissheit existieren, egal mit wie viel Kontrolle man malt. Es kann die Art und Weise sein, wie Farben auf der Leinwand gemischt werden, Kantenbereiche im Motiv abhanden werden oder einige Teile der Arbeit schneller trocknen als andere.

Wie auch immer, laß dich von diesem unvorhersehbaren Element nicht entmutigen. Stattdessen solltest du es annehmen, denn es ist das, was oft zu diesen angenehmen Überraschungen in deiner Malerei führt.

Niemand ist so erfahren, dass er in der Lage ist, das genaue Ergebnis seiner Pinselführung exakt vorherzusagen.

Wenn sich etwas nicht wie geplant in deinem Gemälde darstellt, dann schaue, ob du es so lassen kannst, anstatt zu versuche, den vermeintlichen "Fehler" direkt auszumerzen.

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.

4 Kommentare

  • Danke für die hilfsreichen Tipps. Habe gestern mein erstes Alla Prima Bild angefange, und bin im grossen Ganzen zufrieden. Doch in einer Woche möchte ich ein paar Details überarbeiten, Denn es war mir unmöglich, «Gold», d.h Sonnengelb gleich neben Schwarz und und Ultramarin dunkel, zu setzen, da das Gelb automatisch «schmutzig» wurde. Da ich auch Schriften ins Bild setze, muss ich ebenfalls ein zweites Mal drüber, um die gewünschte Lesbarkeit und Schönheit der Lettern zu erreichen.
    Was den Frauenkopf betrifft, bin erstaunt gewesen, wie gut und flüssig man in der Nass-in-Nass Technik arbeiten kann. Gut ich habe jahrelang Aquarellen, Gouachen, Öl-Kreide e.c.t gemacht, und habe mich jetzt riesig auf meine erste, rechte Ölmalerei gefreut, Sennelier, «noblesse oblige», na ja, ich mag die französischen Impressionisten besonders, Rahel

  • Ich möchte Euch einen grossen Dank aussprechen für diese wunderbare Home-Page. So eine traumhaft-schöne «Unter-Malung» der Seiten mit den Werken grosser Meister. Alles ganz nach meinem Geschmack und Empfinden von Schönheit. Denn Schönheit ist an und für sich etwas Einfaches, etwas Naturgegebenes. Doch wie schwierig, einen Augenblick, eine Millionstel-Sekunde der Ewigkeit darzustellen, zu packen und auf die Leinwand zu bannen. Gelingt das Werk, ist das jedesmal ein riesiges Glücksgefühl für den Künstler und, ihn kümmerts nicht, die Meinung der Zeitgenossen oder des Kunst-Markts, denn er hat es erschaffen und «DEUS LE VIDIT», das genügt, Eure Rahel
    Zu Deutsch heisst die Devise der Mittelalterlichen Kirchen-Maler «Gott hat es gesehen», e basta, also keine Unterschrift. Auch ich unterschreibe seit längerem nur mit R. und Datum oder Jahr, oder gar nicht, oder dann höchstens auf der Rückseite, weil der Kunsthändler es so will.

  • MIt grossem Interessen habe ich den Artikel über Donatellos Maria Magdalena gelesen. Doch irgendwie habe ich gestutzt, denn mir schien die Skulptur die Heilige Maria von Ägypten darzustellen. Denn auch sie war ja nur mit Ihrem Haar bekleidet, da ihre Kleider in den Entbehrungs-Jahren in der Wüste verrottet waren. Ja, da sehe ich einige Parallelen zwischen den beiden Frauen, beide waren Kurtisanen gewesen, und Maria ernährte sich all die Jahre in der Wüste von nur drei Leib Brot, wie es Jaques de Voragine schrieb in der LEGENDA AUREA, der goldenen Legende. Und die hat Donatello zweifelsfrei gekannt, sie war ja ein «Best-Seller» zu dieser Zeit, Eure Rahel
    Das ist nur so eine Randbemerkung, die Experten werden zweifesohne meine Theorie wiederlegen…

  • Warum malt man überhaupt in 2 D, anstatt das Dargestellte gleich in 3 D röumlich zu gestalten? Dann könnte man es von allen Seiten sehen.

    Gibt es irgendeinen gestalterischen Grund für die Beschränkung auf eine einzige Perspektive durch 2 D?

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