Malerei

Arnold Böcklins Toteninsel – Beschreibung & Interpretation eines Meisterwerks des Symbolismus

Arnold Böcklin, Die Toteninsel I, 1880Arnold Böcklin, Die Toteninsel I, 1880

Die Toteninsel ist Arnold Böcklins bekanntestes Werk und eines der wichtigsten Werke des Symbolismus. Zwischen 1880 und 1886 schuf Böcklin fünf Versionen dieses Motivs, von denen heute nur noch vier erhalten sind. Eins wurde während des Zweiten Weltkriegs in Berlin zerstört. In dieser Bildbeschreibung und Interpretation erfährst du alles zu Arnold Böcklins Toteninsel und der Bedeutung dieser Gemäldeserie.

Bildbeschreibung von Arnold Böcklins Toteninsel

Alle fünf Versionen zeigen einen ähnlichen Bildausschnitt, der sich auf die Ansicht einer Felseninsel beschränkt, die von Trauerzypressen bewachsen ist und nur an einer Seite einen Zugang ermöglicht.

In den kahlen Felswände befinden sich von Menschenhand gemeißelte Grabkammern.

Im Vordergrund nähert sich ein Boot mit einem Fährmann der Insel zum Anlegen. An der Spitze des Bootes steht eine verstorbene Gestalt in einem Leichentuch und blickt in Richtung der Bucht, in die das Boot gelenkt wird. Die Gestalt wirft einen Schatten auf einen seitwärts im Kahn positionierten Sarg, der von einem weißen Sargtuch umspannt wird. 

Das Wasser ist ruhig, doch das Wetter scheint in allen Versionen sehr bewölkt.

Die niedrige Horizontlinie und der sich vom Betrachter fortbewegende Kahn geben der Komposition Tiefe, während die hinaufragenden Felsen und die schlanken Zypressen ihm Höhe verleihen.

Die fünf Versionen der Gemäldeserie

Als Arnold Böcklin das Motiv erstmals malte, verzichtete er auf den Sarg und die weiß gekleidete Figur. Auch hatte er dem Bild noch keinen Titel gegeben.

Erst als die Mäzenin Marie Berna ihn in seinem Atelier in Florenz besuchte und zum Ausdruck brachte, dass sie das unvollendete Bild an den Tod ihres Mannes erinnerte, fügte er die restlichen Details hinzu. Böcklin begann für Berna eine zweite Fassung, die er in einem Brief als Die Gräberinsel bezeichnete. 

Der Kahn mit dem Sarg und die Gestalt in Weiß wurden in beiden Fassungen nach Bernas Auftrag hinzugefügt. 

Auf den Titel Die Toteninsel einigte sich schließlich Böcklins Galerist Fritz Gurlitt.

Die erste Version ist heute im Kunstmuseum Basel ausgestellt und die zweite Fassung befindet sich im Metropolitan Museum in New York City.

Arnold Böcklin, Die Toteninsel I, 1880

Arnold Böcklin, Die Toteninsel I, 1880

Arnold Böcklin, Die Toteninsel II, 1880

Arnold Böcklin, Die Toteninsel II, 1880

Eine dritte Version wurde 1883 gemalt. Ab dieser Version trägt eine der Grabkammern in den rechten Felsen die Initialen Böcklins: A.B.

Diese Version wurde 1934 zum Verkauf angeboten und von Adolf Hitler ersteigert. Heute wird sie in der Alten Nationalgalerie in Berlin ausgestellt.

Arnold Böcklin, Die Toteninsel III, 1883

Arnold Böcklin, Die Toteninsel III, 1883

Die vierte Fassung von 1884 wurde in einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg zerstört und bleibt nur als Fotografie erhalten.

Arnold Böcklin, Die Toteninsel IV, 1884 (Foto)

Arnold Böcklin, Die Toteninsel IV, 1884 (Foto)

Eine fünfte Version wurde 1886 in Auftrag gegeben und ist im Museum der bildenden Künste in Leipzig ausgestellt.

Arnold Böcklin, Die Toteninsel V, 1886

Arnold Böcklin, Die Toteninsel V, 1886

Im letzten Jahr seines Lebens stelle Arnold Böcklins Sohn Carlo eine weitere Version fertig. Sie hängt in der Eremitage in Sankt Petersburg.

Carlo Böcklin, Die Toteninsel, 1901

Carlo Böcklin, Die Toteninsel, 1901

Interpretation von Arnold Böcklins Toteninsel 

Kunsthistoriker haben den Bootsführer als Sinnbild des Fährmanns Charon interpretiert, der in der griechischen Mythologie die Seelen in die Unterwelt befördert.

Die Toteninsel erzielt ihre düstere Wirkung jedoch nicht nur durch den unmittelbaren Verweis auf den Tod, sondern auch durch die völlige Kargheit der Landschaft.

Die winzige Insel wird von Zypressen bewachsen, die seit jeher mit Friedhöfen und Trauer assoziiert werden. In der Antike wurde die Zypresse direkt mit dem Tod in Verbindung gebracht, da sie nicht mehr nachwächst, wenn sie zu stark beschnitten wird.

Eine Inspirationsquelle für Arnold Böcklins Toteninsel soll ein florentinischer Friedhof auf einem kleinen Hügel außerhalb der Stadt gewesen sein, wo große Steinsarkophage und Zypressen stehen und wo auch seine eigene Tochter Maria begraben lag.

Ob eine spezielle Insel Böcklin als Vorlage diente, ist bis heute umstritten. Von Kunsthistorikern wurden die Inseln Pontikonisi nahe Korfu, die Friedshofsinsel von Sveti Juraj und die Insel Ischia bei Neapel als mögliche Einflüsse genannt.

Die Besonderheit von Böcklins Arbeitsweise war seine Fähigkeit zur Neuschöpfung sowie die Zusammenführung verschiedener Einflüsse. Zweifellos schöpfte Böcklin aus einer Vielzahl von Vorlagen, doch ist das Motiv der Toteninsel vollkommen neuartig aus diesen Quellen zusammengeführt.

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.