Malerei

Berthe Morisot – Biografie und Werke der ersten Impressionisten

Berthe Morisot, Selbstporträt, 1885

Als Impulsgeber der modernen Kunst ist es nicht verwunderlich, dass der Impressionismus bis heute als eine der innovativsten Kunstrichtungen gilt. Die Impressionisten sind bekannt für ihre fortschrittliche Pinselführung und ihr Interesse an flüchtigen Eindrücken, die sie in ihren Gemälden festhielten.

Neben diesen grundlegenden technischen Entwicklungen war der Impressionismus auch aus einem anderen Grund bahnbrechend: die Einbeziehung und Anerkennung von Künstlerinnen als Mitgestalterinnen der Bewegung.

Obwohl die Bewegung in ihren Ausprägungen noch maßgeblich von Männern geprägt war, konnten sich mehrere Künstlerinnen in der Szene einen Namen machen.

Vor allem gegen Ende des 19. Jahrhunderts, in der Zeit des Fin de Siecle, avancierten Künstlerinnen wie Mary Cassatt und Berthe Morisot auch außerhalb der Pariser Szene zu wichtigen Persönlichkeiten des Impressionismus.

In dieser Berthe Morisot Biografie findest du alle Infos zum Leben und Werk der Künstlerin, inklusive einer Analyse ihres Malstils und eine Einschätzung ihres künstlerischen Einflusses.

Berthe Morisot Biografie

Kindheit und Frühwerk

Berthe Morisot Foto

Foto von Berthe Morisot

Berthe Morisot wurde 1841 in Bourges, einer Stadt im geografischen Zentrum Frankreichs geboren.

Im Alter von 11 Jahren zog sie mit ihrer Familie nach Paris, wo sie wie viele andere wohlhabende Mädchen privaten Kunstunterricht bei Joseph Guichard erhielt.

Der beliebte Privatlehrer vermittelte ihr nicht nur malerische Fertigkeiten, sondern half ihr auch, sich in der Pariser Kunstszene zu etablieren. Guichard war es, der die junge Künstlerin mit bekannten Persönlichkeiten der Pariser Kunstszene bekannt machte. So stellte er Morisot unter anderem Jean-Baptiste-Camille Corot und Édouard Manet vor, dessen Bruder Eugène sie später heiraten sollte.

Die Künstlerin lernte während ihrer umfangreichen Studien im Louvre zu Beginn der 1860er Jahre auch eigenständig eine Reihe anderer aufstrebender Künstler kennen. Mitte der 1860er Jahre war Morisot bereits fester Bestandteil eines aufstrebenden Künstlerkreises in Paris.

Obwohl Morisot schließlich für ihre Ölgemälde bekannt wurde, beschäftigte sie sich bereits zu Beginn ihrer Karriere mit Zeichnungen und Skulpturen. Leider sind heute nur noch wenige dieser Werke erhalten. Morisot war der Meinung, dass sie nichts richtig machen konnte und zerstörte eine beträchtliche Anzahl ihrer eigenen Werke, die in den 1860er Jahren entstanden waren.

Diese Einstellung änderte sich jedoch in den 1870er Jahren, als Morisot mit der Plein Air Malerei ihr liebstes Arbeitsumfeld fand. Eine Technik, die später prägend im Impressionismus eingesetzt wurde.

Mittleres Werk: Mitwirken bei den Impressionisten

Von 1864 bis 1873 feierte Morisot Erfolge in den Pariser Salons, die dem klassischen Geschmack der Académie des Beaux-Arts entsprachen.

Diese Ausstellungen tendierten dazu, konventionelle Themen zu bevorzugen - einschließlich historischer, mythologischer und allegorischer Szenen, die in einem realistischen Stil dargestellt wurden.

Gegen Ende ihres Zeit im Salon wurde Morisot in ihren Arbeiten immer experimenteller und mischte oft verschiedene Farbarten innerhalb eines Gemäldes. Ihre Kunstwerke waren häufig eine Mischung aus Aquarellen, Ölfarben und Pastellen.

Dieser Wandel und ihr wachsendes Interesse an der Malerei außerhalb der Grenzen des traditionellen Ateliers führten dazu, dass Morisot auf das Renommee des Pariser Salons verzichtete. Stattdessen trat sie der Société Anonyme Coopérative des Artistes Peintres, Sculpteurs, Graveurs in Paris bei.

Société Anonyme Coopérative des Artistes Peintres, Sculpteurs, Graveurs

Zu dieser Gruppe von Künstlern, aus dessen Kreis schlussendlich der Impressionismus hervorging, gehörten auch Claude Monet, Edgar Degas und Camille Pissarro.

Im Jahr 1874 veranstaltete die Gruppierung ihre erste eigenständige Ausstellung. Berthe Morisot war mit ihrem Ölgemälde Morisot "Le Berceau" (dt. Die Wiege) vertreten, das zu einem ihrer bekanntesten Kunstwerke wurde.

Auch wenn die Ausstellung auf gemischte Resonanz stieß, wurde Morisots Gemälde für die sichtbare "weibliche Grazie" gepriesen.

Spätwerk und künstlerisches Vermächtnis

Morisot verfeinerte ihren zarten Duktus während ihrer gesamten Laufbahn als Malerin.

Mit dem Aufkommen der Fotografie in der Kunst fing sie in den 1880er Jahren an, mit veränderten Komposition zu spielen.

Inspiriert von der grafischen Ästhetik japanischer Ukiyo-e Grafiken, spielte sie in den 1890er Jahren stärker mit ihrer Bildsprache und ihrer Linienführung. Trotz allem behielt sie während dieser Experimenten ihre pastellfarbene Handschrift und die graziöse Darstellungsweise aus ihrer Zeit als Impressionistin bei.

Ihre späten Werke spiegeln eine tiefere Selbstreflexion und eine gesteigerte Sensibilität für Licht und Atmosphäre wider, wobei sie flüchtige Momente mit einem tiefen Gefühl der Emotion festhält.

Trotz ihres frühen Todes im Jahr 1895 bleibt Morisot als eine der führenden Persönlichkeiten des Impressionismus in Erinnerung. Ihre späten Werke zeugen von ihrem anhaltenden künstlerischen Talent und ihrer unerschütterlichen Hingabe an ihr Handwerk.

Gemeinsam mit der Impressionistin Mary Cassatt gilt Morisot als eine der herausragendsten Künstlerinnen der Kunstgeschichte.


Kunststil von Berthe Morisot

Über ihre gesamte Karriere hinweg galt Morisots Stil als "feminin". Diese Charakterisierung lässt sich auf zwei wesentliche Merkmale zurückführen:

  • Eine weiche Farbauswahl 
  • Eine zarte Ausstrahlung

Farbe

Unabhängig vom Medium bevorzugte Morisot es, in Pastelltönen zu arbeiten und eine Menge Weiß in ihre Kompositionen einzuarbeiten.

Mit dieser Farbskala nahmen ihre Arbeiten eine ganz sanfte Ausstrahlung an: In ihren Porträts erhält die menschliche Haut eine porzellanähnliche Schönheit, in ihren Meeresbildern sieht das Meer aus wie Glas, und in ihrer Landschaftsmalerei wirken die Wolken so süß wie Zuckerwatte.

Morisots hervorragender Umgang mit Farbe wurde von ihren Künstlerkollegen und der zeitgenössischen Kunstpresse gleichermaßen gewürdigt.

Freiheit der Handhabung

Ähnlich wie bei der Farbgestaltung wurde Morisots Ansatz der Pinselführung und der Umgang mit Pastellfarben zu einem festen Bestandteil ihrer Kunst. Vom Musée Marmottan Monet in Paris wird ihre Herangehensweise poetisch auch als "Freiheit der Handhabung" bezeichnet.

Und genau diese Herangehensweise passte perfekt zu ihren bevorzugten Motiven. Die Landschaften der Normandie und blumige Darstellungen ihres Mannes und ihrer gemeinsamen Tochter.

Mehr: Eugène Monet als beliebte Muse von Berthe Morisot


Wichtige Kunstwerke von Berthe Morisot

Die Wiege, 1872

Berthe Morisot, Die Wiege, 1872

Berthe Morisot, Die Wiege, 1872

Die Wiege ist wohl das bekannteste Gemälde von Berthe Morisot. 

Es zeigt Morisots Schwester Edma, die auf ihre Tochter Blanche herabblickt, die hinter einem hauchdünnen Schleier in einer Wiege schläft.

Dieses relativ frühe Werk ist das erste Beispiel für Morisots Auseinandersetzung mit dem Thema Mutterschaft, das in ihrem Werk immer wieder auftauchen sollte, nicht zuletzt aufgrund der gesellschaftlichen Einschränkungen, denen Frauen zu jener Zeit unterlagen.

Obwohl das Gemälde auf der ersten Impressionisten-Ausstellung 1874 von den Kritikern hoch gelobt wurde, konnte Morisot es nicht verkaufen und beschloss schließlich, es im Familienbesitz zu behalten.

Kornfeld, 1875

Berthe Morisot, Kornfeld, 1875

Berthe Morisot, Kornfeld, 1875

Dieses Gemälde zeigt eine Szene aus dem Dorf Gennevilliers, wo die Familie von Morisots Ehemann ein Landgut besaß.

Dieser Ort ist typisch für viele impressionistische Künstler wie Monet, die ihn sowohl als Arbeitsort als auch als Motiv für ihre Gemälde wählten.

Das Gemälde bietet uns eine angenehme visuelle Komposition aus drei horizontalen Farbzonen, die durch die Figur des Jungen rechts von der Mitte unterbrochen werden.

Das Kornfeld weist auf den traditionellen landwirtschaftlichen Charakter der Gegend hin und zieht sofort die Aufmerksamkeit auf sich

Im Esszimmer, 1886

Berthe Morisot, Im Esszimmer, 1886

Berthe Morisot, Im Esszimmer, 1886

Im Esszimmer ist ein Ölgemälde auf Leinwand der französischen impressionistischen Künstlerin Berthe Morisot aus dem Jahr 1886. Es zeigt eine junge Frau inmitten der häuslichen Umgebung eines Esszimmers.

Morisot stellte das Gemälde auf der achten und letzten Impressionisten-Ausstellung 1886 aus. Die Kunstkritiker kommentierten vor allem ihre ungestüme Arbeitsweise, die in ihrem Werk noch nie so nachdrücklich zum Vorschein gekommen war.

Die Kritiken für dieses Gemälde waren sowohl positiv als auch negativ. Einige nannten es "unfertig", der Kritiker Jules-Antoine Castagnary hingegen schrieb über das Gemälde, dass Morisot ein außerordentliches künstlerisches Gespür habe.

La Coiffure, 1894

Berthe Morisot, La Coiffure, 1894

Berthe Morisot, La Coiffure, 1894

Morisots späte Bilder sind dezent und zeigen Frauen, die nicht für Männer eine Rolle spielen, sondern nur auf sich selbst konzentriert sind. Mit ihrer Kunst stellte sie die gängigen Vorstellungen von Weiblichkeit in Frage und zeigte das Leben der Frauen des 19. Jahrhunderts so, wie sie es erlebte.

In La Coiffure zeigt Morisot ein Mädchen, das sich von einem anderen rothaarigen Mädchen vor dem Porträt einer Frau die Haare machen lässt. Wir befinden uns in einem intimen häuslichen Raum, der im Allgemeinen mit dem Reich der Weiblichkeit assoziiert wird.

Morisot malt zwei psychologische Zustände - die fast gelangweilte Sachlichkeit der Friseurin und die zeitgleiche Verträumtheit des Mädchens.

La Coiffure ist eines der letzten Gemälde der Künstlerin, bevor sie im Jahr 1895 verstarb.


Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.

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