Skulptur

Bildhauerei der Renaissance – Merkmale, bekannte Künstler und Materialien

Bildhauerei in der RenaissanceFoto: lornet / Shutterstock

In der italienischen Renaissance des 15. und 16. Jahrhunderts erzielten die Künstler beeindruckende Fortschritte in der Bildhauerei. Noch heute faszinieren die Eleganz und die Erhabenheit von Skulpturen wie Michelangelos David ihre zahlreichen Betrachterinnen und Betrachter.

In diesem Artikel findest du eine Übersicht der Bildhauerei der Renaissance. Ein kurzer Abschnitt zur Entstehung der Renaissance soll die geschichtlichen Hintergründe erläutern, bevor im Spezifischen die Merkmale der Bildhauerei dieser Zeit an 5 Beispielen präsentiert werden.

Die Geschichte der Bildhauerei der Renaissance

Der Beginn der künstlerischen Renaissance wurde von vielen Faktoren begünstigt, wie dem verstärkten kulturellen Austausch Europas durch neu etablierte Handelsrouten sowie durch die Heiligen Kriege des Mittelalters. Auch technologische Innovationen wie der Buchdruck von Johannes Gutenberg haben zu der Kultur- und Gesellschaftsreform beigetragen.

Einer der wichtigsten Aspekte ist jedoch die Wiederentdeckung antiker Schriften, die auf den italienischen Gelehrten Francesco Petrarca zurückgeführt werden können.

Petrarca entdeckte Briefe des römischen Gelehrten Cicero, in denen er antike Philosophien fand, die auf Logik und Vernunft basierten. Dies veranlasste auch andere Gelehrte in Italien und ganz Europa dazu, nach weiteren antiken Texten zu suchen.

In diesem Zusammenhang wurde Petrarca als Begründer des die Renaissance prägenden Humanismus bekannt, dessen Auffassung zufolge der Mensch sein Schicksal selbst bestimmt und er nicht von einer göttlichen Instanz geleitet wird.

In der Renaissance verschmolzen Kunst und Wissenschaft miteinander, wobei niemand diese Zusammenkunft so umfassend verkörperte wie Leonardo da Vinci.

Durch die Geometrie und Optik waren die Künstler beispielsweise in der Lage, perspektivische Phänomene wie die Linearperspektive oder die Luftperspektive abzubilden. Durch die Auseinandersetzungen mit der möglichst detailgetreuen malerischen Wiedergabe der Natur strebten auch die Bildhauer in der Skulptur eine ähnliche Naturnähe an. Diese Gestaltungsweise in Malerei und Bildhauerei wird heute auch als Naturalismus bezeichnet.


Die Bildhauerei in der Renaissance in drei Phasen

Der Raub der Sabinerinnen von Giambologna

Giambologna, Der Raub der Sabinerinnen, Florenz | Foto: Thermos / Wikipedia / CC BY-SA 2.5

Die Kunst der Renaissance wird oft in drei Phasen unterteilt: Frührenaissance, Hochrenaissance und Spätrenaissance.

Obwohl sie grundlegend die Rückbesinnung auf antike Ideale und den Mensch als zentrales Thema gemein haben, gibt es einige Unterscheidungsmerkmale in den Gestaltungsweisen der drei Phasen.

Nachfolgend werden die gestalterischen Eigenheiten der Bildhauerei in den verschiedenen Phasen der Renaissance erörtert.

Frührenaissance

Zu Beginn der Renaissance war der Stadtstaat Florenz das Zentrum der italienischen Kunst. Das lag vor allem an der zunehmenden Kunstförderung durch die katholische Kirche und der ihr verbundenen Medici-Familie.

Große Summen wurden aufgewendet, um private Gemächer ebenso wie öffentlichen Plätze mit den Kunstwerken der talentiertesten Künstlern der damaligen Zeit zu schmücken.

Während die Innenräume vor allem mit Gemälden verziert wurden, boten sich witterungsbeständige, großformatige Skulpturen für die öffentlichen Plätze an.

Hochrenaissance

In der Hochphase der künstlerischen Renaissance verbreitete sich die Bildhauerei der Renaissance auch in anderen großen Städten Italiens, vor allem in Rom bzw. dem Vatikan.

Meisterhafte Künstler wie Michelangelo wurden von der katholischen Kirche beauftragt, Skulpturen für den Petersdom und andere der Kirche heilige Orte zu schaffen.

In der Hochrenaissance verschob sich der Fokus von den ästhetischen Skulpturen nach antikem Vorbild stärker in Richtung christlicher Motive.

Spätrenaissance

Die Spätrenaissance unterscheidet sich deutlich von den beiden vorherigen Phasen. Die Bildhauerei in der Spätrenaissance ist durch Spannung, Emotionen und Übertreibung gekennzeichnet. 

Man ging davon aus, dass die Bildhauer der Spätrenaissance die Werke ihrer Vorgänger hinsichtlich ihrer Schönheit und ihrer handwerklichen Qualitäten für unübertreffbar hielten und sich daher entschieden, die Dramatik im Ausdruck ihrer Skulpturen stärker zu betonen.

Aus diesem Grund wird der in der Spätrenaissance praktizierte Manierismus oft als Ausgangspunkt für die Barockzeit angesehen.


Bildhauerei in der Renaissance: Bedeutende Werke

Nachfolgend findest du fünf der bedeutendsten bildhauerischen Kunstwerke der Renaissance. Darunter sind Beispiele aus der frühen Phase bis hin zu Werken der Spätrenaissance.

Lorenzo Ghiberti, Paradiespforte, 1424 - 1451

Relief in der Kunst Ghiberti

Lorenzo Ghiberti, Paradiestür Florenz | Foto: MatthiasKabel / Wikipedia / CC BY-SA 3.0

Ghiberti wird als einer der ersten Bildhauer der Renaissance geschätzt. Im Jahr 1401 schrieb die katholische Kirche einen Wettbewerb zur Gestaltung der Ostpforte für das Baptisterium in Florenz aus. 

Ghiberti gewann die Ausschreibung zur Gestaltung des Portals. Nach 25 Jahren an der Ostseite wurde das Portal jedoch umdisponiert und an der Nordseite angebracht. Gleichzeitig wurde Ghiberti mit der Gestaltung einer neuen Ostpforte beauftragt, die heute unter der Bezeichnung Paradiespforte besser bekannt ist.

Die zehn vergoldeten Bronzetafeln zeigen jeweils ein biblisches Motiv aus dem alten Testament.

Michelangelo selbst hat dieser Arbeit seinen späteren Namen verliehen. Als er die Pforte sah, kommentierte er, sie sähen aus wie "Die Tore des Paradieses".

Donatello, David, ca. 1430 - 1440

Donatello David

Foto: Patrick A. Rodgers / Flickr / CC BY-SA 2.0

Donatellos David ist eine der bedeutendsten Skulpturen der Renaissance. Sie wurde zwischen 1430 und 1440 geschaffen und von der Familie Medici für ihren Innenhof in Auftrag gegeben. Später wurde er jedoch in den Palazzo Vecchio überführt, als die Medici aus Florenz vertrieben wurden.

Donatello wurde zunächst als Goldschmied ausgebildet und arbeitete später in Ghibertis Werkstatt in Florenz. Hier lernte er, Metalle mit großer Präzision zu bearbeiten. In späteren Jahren zog Donatello nach Rom, um dort die römische Kunst und Architektur zu studieren.

Es sind vor allem zwei Merkmale, die Donatellos David zu einer der bekanntesten Skulpturen der Renaissance machten.

Er war einer der ersten freistehenden Akte, die seit der Antike geschaffen wurden. In dieser Zeit wurden Skulpturen und auch Akte fast immer in die Architektur des Ortes integriert, für den sie entworfen wurden.

Ein weiterer Grund sind die naturalistischen Techniken, die Donatello bei der Gestaltung der Skulptur anwandte. Sie war nicht nur sehr proportioniert, sondern auch eine der genauesten italienischen Renaissance-Skulpturen der biblischen Figur David. In der Bibel ist David noch ein kleiner Junge, als er den Riesen Goliath besiegt. Damit will er zeigen, dass auch die Schwachen die Starken besiegen können, wenn Gott auf ihrer Seite ist. Donatello zeigt dies durch seine fast weibliche Darstellung von David.

Pietà, Michelangelo, ca. 1498

Foto: Sergey Podlesnov / Shutterstock

Die Pietà von Michelangelo wurde von Jean de Bilhères, einem französischen Kardinal in Rom, in Auftrag gegeben, um dessen Grabmal zu schmücken. Michelangelo vollendete die Pietà um 1498, als er gerade einmal Anfang zwanzig war. Während die Skulptur über 200 Jahre lang die Grabstätte des Kardinals schmückte, wurde sie später in den Petersdom im Vatikan gebracht.

Die Pietà stellt die Jungfrau Maria dar, die den Leichnam Christi nach seiner Kreuzigung in ihrem Schoß hält. Michelangelo wurde für die Genauigkeit seiner menschlichen Formen und seine Liebe zum Detail gelobt, besonders wenn es um die Gestaltung von Stoffen geht.

Obwohl die Pietà weithin als ein Meisterwerk von Michelangelo gilt, wurde sie dennoch kritisiert. Das betrifft vor allem die Jungfrau Maria, die viel zu jung erscheint, um einen Sohn mittleren Alters zu haben. Michelangelo erklärte, dass er sie absichtlich so jung aussehen ließ, um ihre Reinheit und Heiligkeit zum Ausdruck zu bringen.

Michelangelo, Skulptur des David, ca. 1501-1504

Davidskulptur

Foto: giovannamatarazzo / Flickr

Die Davidskulptur von Michelangelo ist wohl mit Abstand die bekannteste Bildhauerarbeit der Renaissance.

Der David wurde zwischen 1501 und 1504 aus einem makellosem weißen Mamorblock geschaffen. Obwohl sie das Original für die Piazza della Signoria in Florenz in Auftrag gegeben wurde, befindet sie sich heute in der Galleria dell'Accademia in den Uffizien. 

In späteren Jahren wurde jedoch eine Nachbildung der Statue für die Piazza della Signoria angefertigt, damit alle Bürgerinnen und Bürger sie sehen konnten.

Es wird angenommen, dass Michelangelo seinen David an Darstellungen des antiken Helden Herkules angelehnt hat. Diese Einflüsse aus der klassischen Ära sind in der italienischen Bildhauerei der Renaissance weit verbreitet. David erinnert an die Aktdarstellungen der Antike und zeigt ihn als makelloses Mannsbild.

Bei genauer Betrachtung der Skulptur fällt jedoch auf, dass er leichte Asymmetrien aufweist, wie die sehr groß geratenen Hände.

Wieso Michelangelos möglicherweise diese Anpassungen bewusst vorgenommen hat, erfährst du in diesem Artikel über die Davidskulptur.

Benvenuto Cellini, Perseus mit Medusa, ca. 1545-1554

Perseus mit der Medusa

Foto: D.Bond / Shutterstock

Perseus mit der Medusa wurde zwischen 1545 von einem der bedeutendsten Bildhauer der Renaissance geschaffen: Benvenuto Cellini. Cellini wurde ursprünglich als Goldschmied ausgebildet und der bronzene Perseus, der das Haupt der Medusa emporhebt, ist ein Ausdruck seiner unglaublichen Kunstfertigkeit in der Metallbearbeitung.

Wie viele der bekannten Skulpturen der Renaissance wurde auch Perseus mit der Medusa von der Familie Medici in Auftrag gegeben. Cellini entschied sich bei der Herstellung für eine Technik, die für die damalige Zeit untypisch war. Er formte einen einzigartigen Abguss, mit dem er die Bronze goss.

Perseus mit der Medusa stellt eine der bekanntesten Erzählungen der griechischen Mythologie dar. In dem Mythos gelingt es Perseus, dem Blick der Medusa zu entgehen und sie zu enthaupten, indem er ihr Spiegelbild in seinem Schild reflektierte, um nicht in Stein verwandelt zu werden.

Cellini machte den Sockel zu einem Teil des erzählerischen Inhalts der Skulptur, was zu dieser Zeit einzigartig war.


Techniken der Renaissance-Bildhauerei

Fortschritte in der Perspektive und in der Darstellung der menschlichen Anatomie führten zu einem Trend des zunehmenden Naturalismus in der Bildhauerei der Renaissance.

Menschen- und Tierskulpturen wurden fortan mit verblüffender Ähnlichkeit zur realen Vorlage dargestellt. Donatello leistete mit seinen realistischen Skulpturen des heiligen Markus und des heiligen Georg im Jahr 1415 Pionierarbeit.

Andere Bildhauer, die für ihre naturalistischen Darstellungen bekannt sind, waren Piero di Giovanni Tedesco, Nanni di Banco und Lorenzo Ghiberti, der mit der Perspektive seinen frühen Reliefskulpturen eine gewisse Übereinstimmung mit der Realität verschaffte.

Während Künstler der Nördlichen Renaissance Skulpturen vorwiegend aus Holz schnitzten, war dies in Italien wegen des geringen Bestandes an schnitzbaren Hölzern weniger verbreitet.

Immer häufiger wandten sich italienische Künstler dem Marmor zu, was ihnen ein Maß an Feinheit und Ausdrucksstärke ermöglichte, das mit anderen Materialien nicht möglich war.

Gelegentlich wurde Terrakotta anstelle von Marmor verwendet, weil es bezahlbarer war. 

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.