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Malerei

10 Fakten zu den uralten Wandmalereien in der Chauvet-Höhle

Foto: Claude Valette / Flickr / CC BY-SA 2.0

Die 1994 zufällig entdeckten Höhlenmalereien an den Wänden der Chauvet-Höhle in Frankreich gehören zu den ältesten und schönsten gegenständlichen Kunstwerken der Menschheitsgeschichte. Vor etwa 36.000 Jahren zeichneten unsere künstlerischen Vorfahren realitätsnahe Tiere, die durch die Kammern der Höhle zu galoppieren, zu kriechen und zu toben scheinen. 

Die Höhlenmalereien beeindruckten den Regisseur Werner Herzog so sehr, dass er den Dokumentarfilm "Die Höhle der vergessenen Träume" über sie drehte.

Aber nicht nur ihn faszinieren die frühzeitlichen Bilder. Damit du einen Einblick in die Höhlenmalereien in der Chauvet-Höhle erhältst, findest du nachfolgend 10 spannende Fakten, die dir mehr über ihre Entstehung verraten.

1. Die Höhlenmalereien von Chauvet wurden von einheimischen Forschern entdeckt

Wollharnashorn Höhlenmalerei

Foto: Claude Valette / Flickr / CC BY-SA 2.0

Es war der 18. Dezember 1994. Die französischen Höhlenforscher Jean-Marie Chauvet, Christian Hillaire und Éliette Brunel Deschamps hatten den Tag damit verbracht, die Höhlen von Pont d'Arc in der Region Ardèche in Südfrankreich zu erkunden.

Sie stießen auf eine Reihe von herabgefallenen Felsen und bemerkten einen leichten Luftzug unter dem Felshaufen. Als sie die Steine beiseite schafften, entdeckten sie eine Öffnung, die in eine große Kammer mit einer hohen Decke hineinführte, die sich in weitere Kammern abzuzweigen schien. Ihre Scheinwerfer beleuchteten mehrere Handabdrücke und ein Ockergemälde eines Mammuts an der Wand einer der Kammern. 

In diesem Moment wussten sie, dass sie auf eine herausragende archäologische Entdeckung gestoßen waren.

2. Die Chauvet-Höhle wurde von einem unterirdischen Fluss ausgehöhlt

Chauvet-Höhle Fluss

Foto: jorrisg / Shutterstock

Unterirdische Flüsse, die durch die Kalksteinhügel der Region fließen, schufen die Chauvet-Höhle, wie auch Hunderte von anderen Schluchten und Höhlen im Département Ardèche in Frankreich.

Die Chauvet-Höhle ist etwa 400 Meter lang und besteht aus 14 Kammern, die sich vom größten Raum aus abzweigen. Diese größte Kammer, die dem Eingang am nächsten liegt, weist keine Höhlenmalereien auf. Es wird angenommen, dass die Überschwemmung alle Kunstwerke dort fortgewaschen haben soll. Die am stärksten ausgeschmückten Kammern sind die, die am weitesten vom Eingang entfernt liegen.

3. Die Chauvet-Höhle wurde in der Zeit des Aurignacien bewohnt

Das Aurignacien ist die älteste archäologische Kultur der jüngeren Altsteinzeit und markiert den Beginn des anatomisch modernen Menschen. Genauer gesagt existierte Aurignacien vor rund 40.000 bis 31.000 Jahren.

Die aurignacianische Kultur ist für die ersten figürlichen Zeichnungen und Schnitzereien sowie die Erfindung eines Steinschlagwerkzeugs bekannt, das für Gravuren, die Schmuckherstellung und die ältesten bekannten Musikinstrumente verwendet wurde.

Neben den Höhlenmalereien von Chauvet wurden auch Tier- und Menschenfiguren in anderen Teilen Europas gefunden. In der Höhle Hohle Fels in Deutschlands entdeckten Archäologen die älteste bekannte Venus-Statuette aus der Zeit vor 40.000 bis 35.000 Jahren und einige der ältesten bekannten Knochenflöten aus der gleichen Zeit. 

Venus vom Hohlefels

Foto: Ramessos / Wikipedia / CC BY-SA 3.0

Die Venus vom Hohle Fels gilt als die älteste figürliche Skulptur der Welt.

Mehr: Die Geschichte der Bildhauerei im Überblick

4. Die Chauvet-Höhle wurde in zwei Zeitabschnitten menschlich genutzt

Die Radiokohlenstoffdatierungen von organischen Materialien in der Chauvet-Höhle legen nahe, dass die Höhle von Menschen während zweier verschiedener Zeiträume genutzt wurde.

In der ersten Periode vor etwa 36.500 Jahren - während des Aurignacien - zeichneten Künstler den größten Teil der Höhlenmalereien von Chauvet. Sie brachten Holz in die Höhle und verbrannten es, um Licht und Holzkohle zum Zeichnen zu erzeugen. Dann verließen die Menschen des Aurignacien aus einem unbekannten Grund die Höhle für etwa fünftausend oder sechstausend Jahre, woraufhin sie von Bären besetzt wurde. 

In der zweiten Periode der menschlichen Nutzung, vor etwa 31.000 bis 30.000 Jahren hinterließen die Menschen Fußspuren, Verbrennungsspuren von Fackeln und Holzkohle, aber keine Kunstwerke.

5. Insgesamt 14 Tierarten wurden in der Chauvet-Höhle gemalt

Chauvet-Höhle Tiervielfalt

Foto: Thomas T / Flickr / CC BY-SA 2.0

Die häufigsten Tiere in den Höhlenmalereien der Chauvet-Höhle sind Löwen, Mammuts und Wollnashörner, die alle zusammen im Aurignacien in Europa gelebt haben, aber jetzt ausgestorben sind. Auch die Höhlenbären wurden häufig in der Höhle gemalt.

Die anderen dargestellten Tierarten sind das Bison, Pferde, Rentiere, Rothirsche, Steinböcke, Auerochsen, der ausgestorbene Megaloceros-Hirsch, Moschusochse, Panther und eine Eule.

Die Gemälde zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur gegenständliche Darstellungen der Tiere zeigen, sondern auch tatsächliche Szenen, die das reale Verhalten der Tiere aufzeigen. Zwei Wollnashörner, die mit ihren Hörnern aneinanderstoßen, oder ein Löwenrudel, das eine Gruppe von Bison jagt.

6. Auch andere Motive wurden in der Höhle gemalt

In den mittleren Kammern der Chauvet-Höhle sind mehrere Wände und Felsen mit roten Punkten in Form von menschlichen Handflächen verziert. In den abgelegensten Höhlengalerien sind fünf dreiecksförmige Darstellungen des Schambereiches einer Frau an den Wänden eingeritzt.

Ein Bild des Unterkörpers einer Frau, das im Profil den Venusfiguren dieser Zeit ähnelt, ist auf einem stalaktitartigen Felszweig abgebildet. Anthropologen sind sich nicht einig, was sie symbolisieren sollen.

7. Fußspuren von frühzeitlichen Jugendlichen wurden in der Höhle entdeckt

Eine Spur von Fußabdrücken von rund 70 Metern Länge wurde im weichen Tonboden der Höhle gefunden. Forscher analysierten moderne europäische Füße, die ungefähr den Füßen der frühneuzeitlichen Menschen entsprachen, und stellten fest, dass die Spur wahrscheinlich von einem etwa 1,30 Meter großen Jungen hinterlassen wurde.

Wissenschaftler konnten die Abdrücke anhand der Spuren einer brennenden Fackel an der Decke der Höhle zuordnen. Das Kind schmierte regelmäßig seine Fackel am Gewölbe oberhalb seines Weges ab.

Fackel Junge

Foto: Claude Valette / Flickr / CC BY-SA 2.0

8. Ein Hundeartiges Wesen scheint sein Begleiter gewesen zu sein

Die Fußabdrücke des jugendlichen Jungen befinden sich in unmittelbarer Nähe der Abdrücke eines großen hundeartigen Wesens - möglicherweise eines Wolfes. Als die Forscher sich das genauer ansahen, bemerkten sie, dass die Länge der Pfote kürzer war als die eines Wolfes, was eher typisch für einen domestizierten Hund ist.

In den 90er Jahren, als die Forscher den Fund machten, datierte der älteste gesicherte fossile Beweis für einen domestizierten Hund jedoch "nur" rund 14.200 Jahre zurück.

Eine Studie aus dem Jahr 2017 verglich die Genome von drei neolithischen Hunden mit denen von mehr als 5000 Hunden, darunter moderne Wölfe und Hunde. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass sich Hunde und Wölfe vor 41.500 bis 36.900 Jahren genetisch voneinander trennten, und eine zweite Abspaltung der Genstruktur vor 23.900 bis 17.500 Jahren erfolgte. Damit liegt das Fenster der Haustierhaltung rund 40.000 und 20.000 Jahren zurück - zur gleichen Zeit, als das  der Jugendliche des Aurignacien und sein Begleiter durch die Höhle gingen.

9. Die Chauvet-Höhle wurde lange Zeit von den Bären bewohnt

Teufelshöhle-Höhlenbär-Dreiviertelprofil

Foto: Ra'ike / Wikipedia / CC BY-SA 3.0 - Höhlenbärskelett in der Teufelshöhle Pottenstein

Größer als heutige Grizzlys, verbrachten Höhlenbären Tausende von Jahren ihre Winter in der Chauvet-Höhle, bevor die Menschen begannen, sie zu vertreiben. Sie hinterließen Kratzer an den Wänden und Dutzende von Fußspuren im Boden. In eine Kammer haben Forscher mehr als 300 Schlafmulden und Dutzende von Pfotenabdrücken gefunden, die entstanden sind, nachdem Menschen die Höhle aufgegeben hatten.

Etwa 2500 Höhlenbärenknochen und 170 Schädel waren in den Hauptkammern der Höhle verstreut. Als Wissenschaftler die Höhle Mitte der 90er Jahre zum ersten Mal untersuchten, fanden sie einen Höhlenbärenschädel, der sorgfältig auf einem großen Stein in der Mitte einer tiefen Kammer platziert wurde, so wie es nur Menschen hätten tun können.

10. Die Höhle bot auch vielen anderen Tieren Schutz

Der Boden einer Kammer in der Höhle zeigte mehrere Wolfsabdrücke, die darauf hindeuteten, dass eine große Anzahl von Landraubtieren den Boden zertrampelt hatten. Bärenabdrücke überlagerten die Wolfsabdrücke, was darauf hindeutet, dass die Bären erst nach den Wölfen die Höhle aufsuchten.

Ausgehend von der Vielfalt der Knochen bewohnten nicht nur große Fleischfresser die Höhle. Zusätzlich zu den Wolfs-, Steinbock- und Bärenknochen berichtete ein Archäologe, dass in der Höhle Reste von Füchsen, Mardern, Rehen, Pferden, Vögel, Nagetieren, Fledermäusen und Reptilien gefunden wurden.

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.

2 Kommentare

  • Hallo LENNY,
    im Rahmen eines Aufenthaltes in Südfrankreich haben wir uns mit der Chauvet Höhle beschäftigt.

    Unter vielen pseudo-wissenschaftlichen Artikel, die uns nicht interessierten fanden wir Ihre 10 Fakten zur Höhle sehr gut, unspekulativ und anschaulich herausgearbeitet.

    Vielen Dank es hat uns Spass gemacht Ihre Darstellung zu lesen!

    Ihre anderen Artikel finden wir auch interessant und wir werden uns damit zu gegebener Zeit beschäftigen.

    Übrigens haben wir am Mont Lozere zahlreiche gigantische Steinformationen gefunden, die uns stark an die Kompositionen von Henry Moore erinnern. Man kann einfach stundenlang auf einsamen Wegen darin herumwandern. Bilder davon kann ich Ihnen nach Bedarf auch gerne
    übermitteln.

    Gruß Rainer

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