Skulptur

Der Denker von Auguste Rodin – 13 Fakten zu Rodins Meisterwerk

Der Denker von Auguste RodinFoto: Yuliia Myroniuk / Shutterstock

Nur wenige Skulpturen sind so bekannt und bedeutend wie Der Denker von Auguste Rodin. Selbst wenn du denkst, dass du alles über diese nachdenkliche Skulptur weißt, wetten wir, dass es auf dieser Liste einige Überraschungen gibt, die du über den Denker noch nicht kanntest.

1. Der Denker ist Teil einer größeren Arbeit

Die Darstellung des denkenden Mannes war ursprünglich ausschließlich Teil von Rodins Hollentör. Mit einer Höhe von 6 Metern sollte das Werk den ersten Teil von Dante Alighieris Göttlicher Komödie dokumentieren. Der Denker befindet sich zentral über den beiden Türflügeln.

Das Höllentor Rodin

Foto: Roland zh / Wikipedia / CC BY-SA 4.0

2. Die Deutung der Skulptur im Kontext des Höllentors ist nicht einvernehmlich geklärt

Eine Interpretation legt nahe, dass der Denker im Höllentor Dante darstellen könnte, der auf seine Figuren im Inferno herabblickt.

Eine weitere Interpretation besteht darin, dass der Denker Rodin selbst darstellen könnte, wie er über seine bildhauerische Komposition nachdenkt. 

Andere wiederum mutmaßen, dass es sich um Adam handeln könnte, der über die Folgen seiner Sünde nachdenkt.

3. Der Denker ist nicht der ursprüngliche Name

Rodin nannte die nachdenkliche Figur ursprünglich Der Dichter. Dieser Name unterstreicht die Theorie, dass die Statue als Darstellung von Dante konzipiert war. Aber da der Denker nicht mit der Vorstellung eines großen, schlanken Dante aus dem 19. Jahrhundert übereinstimmt, existieren neben dieser Idee auch die bereits vorgestellten Ansätze.

Der Name Der Denker, unter dem die Skulptur heute bekannt ist, wird den Gießern zugeschrieben, die der Meinung waren, dass die Skulptur eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Michelangelos gleichnamiger Skulptur Il Penseroso (Der Denker) in der Medici-Kapelle hatte.

Il Penseroso

Michelangelo, Il Penseroso  -  Foto: Rabe! / Wikipedia / CC BY-SA 4.0

4. Michelangelos Werk prägte das Stück

Es war jedoch nicht die Pose, die Michelangelo für seine Skulptur gewählt hatte, auf die Rodin gezielt anspielte. Rodin entschied sich dafür, seinen Denker entkleidet darzustellen, um dem Stil der heroischen Akte von Michelangelo und anderen Renaissance-Künstlern zu folgen.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Werke von Rodins Zeitgenossen Hugo Rheinhold inspiriert wurden. Kunsthistoriker verweisen auf das gemeinsame Interesse der beiden Künstler an Posen, die die natürlichen und realistischen Haltungen des Menschen abbilden.

5. Das Höllentor war eine Arbeit für ein Museum, das nie öffnete

Rodin wurde beauftragt, die Skulptur für das neue Pariser Kunstgewerbemuseum herzustellen. Die gewaltige Größe und das beeindruckende Maß an Detail der hoch aufragenden Komposition erforderten 37 Jahre Arbeit bis zu ihrer Fertigstellung. 

Bis dahin wurde das Höllentor nie implementiert und das Museum selbst wurde nie errichtet.

6. Der Denker hätte beinahe Kleidung getragen

Während der langen Schöpfungszeit des Höllentores spielte Rodin mit der Idee eines gekleideten Denkers und Poeten.

"Der dünne asketische Dante in seinem langen Gewand, getrennt vom ganzen Rest, wäre ohne Bedeutung gewesen", schrieb er. "Geleitet von meiner ersten Inspiration entwickelte ich einen anderen Denker, einen nackten Mann, der auf einem Felsen saß, seine Faust gegen die Zähne gestützt, er träumte. Dieser fruchtbare Gedanke entwickelt sich langsam in seinem Gehirn. Er ist kein Träumer mehr, er ist ein Schöpfer."

7. Der Denker ist nicht Rodins einzige Auskopplung aus dem Höllentor

Der Kuss

Der Kuss, Rodin Museum, Paris

Die monumentale Gesamtskulptur des Höllentors besitzt einige Figuren, die Rodin herausgelöst aus ihrer Komposition auch als einzelne Figuren gießen ließ.

Skulpturen, die ursprünglich im Höllentor erschienen sind, aber als Einzelfiguren noch bekannter wurden, sind u.a.:

  • Der Denker
  • Der Kuss
  • Die Schatten

8. Im Jahr 1888 wurde Der Denker von Auguste Rodin einzeln angefertigt

Rodin experimentierte mit Gipsabdrücken seines Höllentores. Die erste Version des  Solo-Denkers war etwa 90 cm groß und gilt als die Skulptur aus der Komposition, die sich in einer Einzelausstellung als beliebt genug erwies, um Rodin zu inspirieren, noch größer zu denken.

Als nächstes fertigte er die etwas überlebensgroße Ausführung an, die wir heute kennen. Dieser Denker, der in Bronze gegossen wurde, war 1,80 m groß und festigte die Stellung Rodins als einer der hervorragendsten Bildhauer der Kunstgeschichte.

9. Die exakte Vergrößerung der Skulptur wurde durch neue Technologien möglich

Der Denker von Auguste Rodin Buenos Aires

Foto: Toniflap / Shutterstock

Die Skalierung der Skulptur von 90 cm auf eine Größe von 1,8 Meter wurde durch die Erfindung der Collas-Maschine erheblich erleichtert.

Dieses Gerät, das 1836 von seinem Namensgeber Achille Collas erfunden wurde, ermöglichte es einem Bildhauer, seinen fertigen Gipsabdruck nachzufahren, während ein Werkzeug eine proportionale Kopie in Ton in den höher skalierten Abmessungen ritzte.

10. Die Skulpturen halfen Rodin auf die Sprünge

Der Bildhauer verbrachte einen Teil der 1890er Jahre mit der Arbeit an seinem Denkmal für Honoré Balzac. Zur Erinnerung des französischen Schriftstellers Honoré Balzac wurde das Werk von der Société des Gens de Lettres in Auftrag gegeben.

Nach der Fertigstellung drohte die Gesellschaft Rodin allerdings mit einer Klage angesichts der ungewöhnlichen Darstellung von Honoré Balzac.

Foto: Jeff Kubina / Wikipedia / CC BY-SA 2.0

Rodin war gezwungen, die Skulptur zurückzunehmen, wodurch sein Ruf maßgeblich geschädigt wurde.

Um die Jahrhundertwende verhalf der Erfolg des Denkers ihm dabei, die Öffentlichkeit seinen groben Fehltritt vergessen zu lassen.

11. Die Skulptur befindet sich in Museen rund um den Globus

Zu seinen Lebzeiten fertigte Rodin mindestens 10 Abgüsse der Skulptur an. Nach seinem Tod im Jahr 1917 wurde das Recht auf Reproduktion an den französischen Staat übertragen. Seitdem ist die Zahl der Denkerstatuen auf über 20 gestiegen.

Heute sind Gips- und Bronzeversionen von Der Denker von Auguste Rodin unter anderem in Melbournes, Genf, Washington D.C und Paris zu sehen.

12.  Eine Version wurde in die Luft gesprengt 

Der Denker wird traditionell im Freien ausgestellt, so auch die Version, die vor dem Cleveland Museum of Art präsentiert wird.

So war die Skulptur in den frühen Morgenstunden des 24. März 1970 wehrlos, als unbekannte Täter einen Sprengsatz an sie schnürten und sie in die Luft jagten. Die Explosion beschädigte die Beine irreparabel. Die Skulptur ist noch heute ausgestellt, wurde aber niemals restauriert.

13. Rodin kannte das Geheimnis des Erfolgs

Die immense Popularität des Stückes wird häufig der vertrauten Stimmung zugeschrieben, die die Skulptur hervorruft. Rodin erklärte, dass die Stimmung und der damit verbundene Erfolg der Skulptur durch den gesamten körperlichen Ausdruck ausgelöst wird. Das Nachdenken findet nicht nur im Gesicht statt, sondern spiegelt sich in jeder Faser seines Körpers wider.

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.

Ein Kommentar

  • Der «Denker» von Rodin ist eine symbolische Darstellung des typischen zivilisierten (schuldlos neurotisch entfremdeten) Menschen, der – wie durch Adam und Eva dargestellt – das Paradies verlassen mußte.
    Er ist eher ein «Grübler»; ein Nachfahre von Kain, der ins «Land NOD» (in die Seelen-Not) ziehen mußte.

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