Malerei

Die vielfältigen Interpretationsansätze zu Magrittes «Der Sohn des Mannes» im Überblick

René Magritte, Der Sohn des Mannes, 1964René Magritte, Der Sohn des Mannes, 1964 | Foto: Rocor / Flickr

Der Sohn des Mannes ist ein surrealistisches Selbstporträt des belgischen Künstlers René Magritte aus dem Jahr 1964. Als eines der bekanntesten Bilder des Surrealismus ist das Gemälde sowohl simpel als auch mehrdeutig, wobei die Bedeutung der Interpretation des Betrachters überlassen bleibt.

In diesem Artikel erkunden wir die unterschiedlichen Theorien zur Bedeutung von Magrittes Gemälde.

Magritte und der Surrealismus

Obwohl Magritte seine künstlerische Laufbahn mit impressionistischen Werken begann, zeichnete er sich vor allem durch zum Nachdenken anregende Werke in surrealistischer Manier aus. Während er als Zeichner in einer Tapetenfabrik arbeitete, begann er mit dem Surrealismus zu experimentieren und produzierte seine erste surrealistische Arbeit. Magritte hatte 1927 seine erste Einzelausstellung, die allerdings von vielen Kunstkritikern abgelehnt wurde – wahrscheinlich, weil die Kunstwerke seiner Zeit voraus waren.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs regte eine Phase an, in der Magritte einen farbenfrohen Stil ganz im Gegensatz zum Chaos und der Zerstörung des Krieges entwickelte.

Gegen Ende des Krieges gab Magritte den impressionistischen Stil auf, was den Beginn seiner «Vache-Periode» einläutete. Im Kontrast zu den fröhlichen, bunten Bildern, die er während des Krieges geschaffen hatte, waren diese Kunstwerke dunkel und provokativ, inspiriert von den Fauves. Diese Phase seines Werks wird «Vache-Periode» genannt, weil auf Französisch Vache Kuh bedeutet. Im übertragenen Sinne bezeichnet der Begriff aber auch einen sehr große Frau oder einen faulen Mensch. Magritte stellte diese Rohheit in seiner Kunst dar.

1948 griff Magritte auf den Surrealismus zurück, den er vor dem Zweiten Weltkrieg erforscht hatte. In dieser Zeit erlebte er seinen größten kommerziellen Erfolg, wobei seinem Werk eine Reihe von Retrospektiven gewidmet wurden.

Der Sohn des Mannes: Beschreibung und Interpretationsansatz

1963 erhielt Magritte den Auftrag, ein Selbstporträt zu malen, was schließlich «Der Sohn des Mannes» werden würde. Da es ihm schwer fiel, ein Selbstporträt auf traditionelle Weise zu malen, neigte er zum surrealistischen Stil.

In Der Sohn des Mannes sehen wir einen Mann vor einer Küstenlandschaft stehend. Obwohl der Himmel über ihm bewölkt ist, wird das Tageslicht anhand der leichten Schatten auf der linken Seite des Mannes angedeutet. Bekleidet mit Mantel und einem Bowler auf dem Kopf – die Bowler taucht in Magrittes Werk immer wieder auf und deutet möglicherweise auf seine politische Neigung zum Kommunismus hin – wirkt der Mann in einer zwanglosen Umgebung fehl am Platz.

Auf den ersten Blick fällt es kaum auf, aber bei genauerem Hinsehen sieht man, dass der linke Ellbogen des Mannes nach außen zeigt.

Die Symbolik des Apfels

Der Ellbogen ist jedoch nicht der surrealste Teil des Bildes. Der grüne Apfel, der das Gesicht des Mannes teilweise verdeckt, ist das zentrale Motiv des Gemäldes. Der Apfel schwebt vor seinem Gesicht, trotzt den Gesetzen der Schwerkraft und lädt den Betrachter ein, sich vorzustellen, wie das Gesicht des Mannes aussehen könnte.

Es gibt ein Interesse an dem, was verborgen ist und was uns das Sichtbare nicht zeigt. Dieses Interesse kann die Form eines Konflikts annehmen, die Geheimnisse hinter dem Sichtbaren zu erkunden und das Sichtbare nicht als die Wahrheit zu erkennen. In den wenigsten Fällen gibt schließlich das Offensichtliche die Wahrheit preis.

Es wurde spekuliert, dass der Titel des Gemäldes eine Anspielung auf das Christentum sein könnte, und dass der grüne Apfel ein Symbol für den einfachen Menschen ist, der der Versuchung nachgibt. In der christlichen Mythologie ist der Apfel ein Symbol der Erkenntnis und der Sünde und erinnert an die Geschichte von Adam und Eva, die den Apfel von der Schlange im Garten Eden annimmt.

Es wurde auch angedeutet, dass das Stück die Anonymität des modernen Geschäftsmannes und die Notwendigkeit widerspiegeln soll, seine wahre Identität zu verbergen. Die Art und Weise, wie der Apfel das Gesicht des Mannes verdeckt, bedeutet, dass er sein wahres Selbst vor den Augen der Gesellschaft verbirgt. Er trägt eine Maske um sein Ego zu verstecken, doch ist eben diese Maske für all jene Betrachter sichtbar, die in der Lage sind, hinter die Maskerade zu blicken und wissen, welches Spiel gespielt wird.

Der Sohn des Mannes in der Populärkultur

Der Sohn des Mannes ist eines der bekanntesten Kunstwerke des Surrealismus, was an den vielen Einsätzen in der Populärkultur liegen könnte, die erst Jahrzehnte später inszeniert wurden.

1970 benutzte Norman Rockwell Magrittes Apfel in seinem Gemälde Mr. Apple, aber der Kopf des Subjekts wird nicht verdeckt, sondern durch einen riesigen roten Apfel ersetzt. Magrittes Apfelmotiv soll Paul McCartney auch zu seinem Label Apple Records inspiriert haben, das wiederum Steve Jobs zum Titel seiner Firma Apple Computers geführt haben soll.

Darüber hinaus wird das Gemälde von Magritte auch in einigen TV-Serien wie den Simpsons mit Referenzen gewürdigt.

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.