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Georg Baselitz – Biografie, bekannte Werke und künstlerischer Einfluss

Georg Baselitz BiografieFoto: Jean-Pierre Dalbéra / Flickr

Georg Baselitz hatte großen Einfluss darauf, wie sich eine Generation deutscher Künstler nach dem Zweiten Weltkrieg mit Kunst und Fragen der nationalen Identität auseinandersetzte.

Während sich andere der Konzeptkunst, der Pop Art und der Arte Povera zuwandten, belebte Baselitz den von den Nationalsozialisten verfemten deutschen Expressionismus neu und stellte die menschliche Figur wieder in den Mittelpunkt der Malerei.

Baselitz inspirierte in den 1970er Jahren eine Wiederbelebung der neoexpressionistischen Malerei in Deutschland, und sein Beispiel inspirierte in den 1980er Jahren viele Künstler über die Grenzen Deutschlands hinaus, mit ähnlichen Stilen zu experimentieren.


Biografie von Georg Baselitz

Frühes Leben und Ausbildung

Georg Baselitz (geb. 23. Januar 1938 als Hans-Georg Kern) wuchs als Sohn eines Lehrers in Deutschbaselitz auf.

1950 zog die Familie Baselitz nach Kamenz, wo der Sohn das Gymnasium besuchte.

In einem Interview beschreibt Baselitz, wie er in seiner Jugend den Drang verspürte, aufzufallen, da er sich von seinen Altersgenossen ausgeschlossen fühlte. Zunächst versuchte er sich am Klavier, dann an Gedichten, bevor er schließlich die Malerei für sich entdeckte.

1956 begann Baselitz sein Studium der Malerei an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Ost-Berlin. Nach zwei Semestern wurde er wegen "gesellschaftspolitischer Unreife" von der Hochschule verwiesen.

Er setzte sein Studium in West-Berlin an der Hochschule für Bildende Künste (heute: Universität der Künste Berlin) fort.

In dem oben zitierten Interview schildert Baselitz, wie sehr ihn eine Ausstellung der Abstrakten Expressionisten an seiner Hochschule beeinflusst hat.

Mittleres Werk

Georg Kern nahm 1958 den Nachnamen Baselitz als Hommage an seine sächsische Heimat an. Während seiner Zeit in West-Berlin schuf Baselitz eine Reihe fantasievoller Porträts, darunter den Rayski-Kopf. 

Die Serie beschäftigte sich mit der deutschen Identität nach dem Zweiten Weltkrieg und wurde von Kriegssoldaten inspiriert, die in der Nähe von Baselitz' Heimat stationiert waren. Die Bilder sind mit dicken, fließenden Pinselstrichen gemalt, und die Personen erscheinen eher wie Karikaturen als traditionelle realistische Porträts.

In den 1960er Jahren vertiefte Baselitz in Gemälden und Holzschnitten bestimmte Archetypen, meist Rebellen, Helden und Hirten. Zunehmend interessierte er sich für die Anamorphose, die verzerrte Darstellung eines Bildes, wie sie sich in den Proportionen und Gesichtszügen seiner Figuren ausdrückt.

Bei seiner ersten Einzelausstellung 1963 wurden viele seiner groteskeren Bilder wie Der Nackte Mann und Die große Nacht im Eimer als zu kontrovers angesehen und von der Staatsanwaltschaft als obszön beschlagnahmt.

 

Baselitz fuhr fort, seinen Stil durch Experimente neu zu erfinden. In dem Versuch, den Stil vom Gegenstand zu befreien, schuf Baselitz 1969 sein erstes auf dem Kopf stehendes Gemälde mit dem Titel Der Wald auf dem Kopf.

Georg Baselitz zog 1975 nach Schloss Derneburg, wo er bis 2006 lebte und arbeitete. Er war Professor für Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe und an der Hochschule der Bildenden Künste in West-Berlin. 

Die Malerei blieb sein primäres Ausdrucksmittel, wobei er mit verzerrten Figuren und einem markanten Pinselstrich weiterhin emotionale Aufruhr darstellte.

Baselitz erfand sein Werk 1979 neu, als er begann, Holzskulpturen zu schaffen. Wie seine Gemälde waren auch die Skulpturen kraftvoll und schroff zugleich. Er verzichtete darauf, die Bildelemente zu glätten, so dass die Oberfläche abgesplittert, zerkratzt und uneben blieb, was zu ihrer rauen Erscheinung beitrug.

Baselitz' Ruf als bedeutender bildender Künstler bestätigte sich, als er 1980 ausgewählt wurde, Deutschland auf der Biennale in Venedig zu vertreten. Dort stellte er eine grob geschnitzte Holzfigur aus, die wegen der Ähnlichkeit der Armhaltung Kontroversen und Vergleiche mit dem Nazigruß auslöste.

Fortgeschrittenes Werk und derzeitiges Schaffen

Georg Baselitz, Meine neue Mütze, 2003

Georg Baselitz, Meine neue Mütze, 2003 | Foto: Heinz Bunse / Flickr

Seit den 1990er Jahren fertigt er weiterhin Zeichnungen, Holzschnitte, Gemälde und Skulpturen an und war auch als Bühnenbildner für Opern tätig.

Im Jahr 1995 fand seine erste große Retrospektive in den Vereinigten Staaten im Guggenheim Museum in New York City statt.
Georg Baselitz lebt und arbeitet derzeit in München und Imeria.


Baselitz' künstlerischer Einfluss

Georg Baselitz hat sich als bildender Künstler von internationalem Rang in nahezu allen künstlerischen Medien etabliert. Sein Werk setzt sich mit der eindringlichen Realität der deutschen Vergangenheit und der Tragödie des Deutschseins nach dem Zweiten Weltkrieg auseinander.

Heute ist Baselitz vor allem für seine auf den Kopf gestellten Bilder bekannt, die den Fokus vom Sujet auf die Eigenschaften der Malerei selbst verlagern und nicht nur eine bemalte Leinwand, sondern ein fast skulpturales Objekt schaffen.

Die anamorphotische Qualität seiner Figuren hatte einen starken internationalen Einfluss auf die Künstler des Neoexpressionismus.


Bedeutende Werke von Baselitz

Die große Nacht im Eimer, 1962/63

Die große Nacht im Eimer stellt einen kleinen Jungen dar, vielleicht ein Selbstbildnis des Künstlers, der einen übertriebenen Phallus hält, und ist eines der umstrittensten Gemälde von Baselitz. Es wurde durch einen Artikel über den irischen Dramatiker Brendan Behan inspiriert, der ein berüchtigter Trinker war.

Während seiner ersten Einzelausstellung 1963 in einer Berliner Galerie wurde das Bild von der Staatsanwaltschaft wegen "Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung" beschlagnahmt. Das schockierende Bildmotiv sollte ein Erwachen fördern, das Baselitz in einem Nachkriegsdeutschland, das sich in einer Zeit der Amnesie bezüglich seiner jüngsten Vergangenheit eingelullt hatte, für notwendig hielt.

Der Wald auf dem Kopf, 1969

Der Wald auf dem Kopf ist Baselitz' erstes Gemälde, in dem er sein Sujet umdreht, um die Erkennbarkeit der dargestellten Objekte zu erschweren.

Sein Motiv, das auf einem Bild des Malers Louis Ferdinand von Rayski aus dem frühen 19. Jahrhundert basiert, ähnelt den Motiven seines früheren Werks, doch ordnet er es hier den physikalischen Eigenschaften des Mediums unter. 

Diese radikale Herangehensweise erschwert unsere Fähigkeit, das Bild zu interpretieren, so dass wir uns fragen, ob wir nun eine Abstraktion oder einfach nur eine konventionelle, umgedrehte Szene vor uns sehen. Man könnte es als symptomatisch für Baselitz' anhaltende Versuche interpretieren, einen anderen Weg zu finden als den, der bei seinem künstlerischen Aufstieg vorherrschte.

Modell fur eine Skulptur, 1980

Modell fur eine Skulptur ist Baselitz' erste Skulptur. Es ist ein typisches Beispiel für seinen Umgang mit Holz. Eine Vorgehensweise, die dem Umgang mit Farbe in seinen früheren Arbeiten entspricht. Baselitz fand Inspiration für diesen Ansatz in der afrikanischen Skulptur, da er glaubte, dass sie ein Modell für einen spontaneren Ausdruck von Bewegung und menschlicher Emotion bietet. 

Das Werk wurde erstmals 1980 im Westdeutschen Pavillon der Biennale von Venedig ausgestellt. Baselitz hatte ursprünglich beabsichtigt, Gemälde zu zeigen, änderte seine Entscheidung ziemlich spät und lieferte nur diese Skulptur.

Das Werk löste sofort Kontroversen aus, da die Geste des erhobenen Arms der Figur einem Nazi-Gruß ähnelt. Die rot-schwarze Farbgebung der Figur wurde auch als Anspielung auf die Farben des Dritten Reiches gewertet.

Es bieten sich jedoch auch andere Quellen für die Skulptur an: vielleicht die Futuristischen Bronze "Einzigartige Formen der Kontinuität im Raum" von Umberto Boccioni. Baselitz hat auch gesagt, dass das Werk von einer Köstlichkeit inspiriert wurde, die er auf einem Markt in Dresden fand.


Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.