Gustave Caillebotte – Biografie, bekannte Kunstwerke und künstlerischer Einfluss
Gustave Caillebotte (19. August 1848 – 21. Februar 1894) war ein einflussreicher Maler des Realismus und des französischen Impressionismus. Wie viele seiner Künstlerkollegen aus dieser Zeit war er fasziniert von den Auswirkungen der Industrialisierung und Modernisierung auf die Stadt Paris und ihre Bewohner.
Einzelne Gemälde in seinem Werk weisen die unverwechselbar lockere Pinselführung und eine helle Farbauswahl auf, die charakteristische Merkmale des Impressionismus waren. Doch die Gemälde, für die er heute weltbekannt ist, sind großformatige und - anders als die Werke der meisten Impressionisten - akkurat vorbereitete Szenen aus dem Pariser Stadtleben, die Menschen in ihrem Alltag zeigen.
In dieser Gustave Caillebotte Biografie findest du zunächst eine Zusammenfassung seiner Errungenschaften als Künstler und als Förderer der französischen Impressionisten, dann einen umfangreichen Lebenslauf mit Bildern seiner wichtigsten Werke und schließlich einen Versuch, den unermesslichen Einfluss Caillebottes auf nachfolgende Künstlergenerationen zu bewerten.
Zusammenfassung: Gustave Caillebotte
- Caillebotte war ein begeisterter Sammler von Fotografien, da er sich von diesen Bildern in seiner eigenen Kunst inspirieren ließ. Eine hervorstechende Gemeinsamkeit zwischen seinen Gemälden und vielen Fotografien ist die Wahl eines bestimmten Bildausschnitts, der nicht immer alles abbildet, sondern an den Rändern auch Teile des Motivs beschneidet.
- Wie viele impressionistische und postimpressionistische Maler (bspw. Vincent Van Gogh) scheint auch Caillebotte von der japanischen Kunst beeinflusst gewesen zu sein, insbesondere von der Druckgrafik. Drucke aus der japanischen Edo-Zeit lieferten diesen Künstlern thematische Inspirationen, da sie typischerweise Szenen aus dem täglichen Leben darstellten. Ihr Einfluss auf die formalen Qualitäten von Caillebottes Gemälden war noch ausgeprägter. Vor allem seine Landschaftsbilder sind von einem erhöhten Blickwinkel auf die Szene und erhöhten Horizontlinien geprägt, wie sie in den japanischen Druckgrafiken häufig vorzufinden sind.
- Noch Jahrzehnte nach seinem Tod war Caillebotte vor allem dafür bekannt, dass er eine Reihe von Künstlerkollegen finanziell unterstützte und förderte, darunter seine engen Freunde Renoir, Monet und Pissarro. Ebenfalls vermachte er eine immense Sammlung seiner Gemälde nach seinem frühen Tod 1894 dem französischen Staat, bevor die meisten Menschen und die von den Akademien beeinflussten Museen die fortschrittliche Kunst der Impressionisten wertschätzten.
Biografie von Gustave Caillebotte
Kindheit
Gustave Caillebotte wurde am 19. August 1848 als Sohn einer wohlhabenden Pariser Familie geboren. Die Familie lebte in Paris in der Rue du Faubourg-Saint-Denis.
Sein Vater Martial Caillebotte hatte das Textilunternehmen seiner Familie geerbt und war ebenfalls Richter am Tribunal de commerce im Departement Seine. Er war bereits zweimal verwitwet, als er seine dritte Frau und Gustaves Mutter Celeste Daufresne heiratete.
Gustave war das älteste ihrer drei Kinder. Er hatte zwei jüngere Brüder: Rene und Martial.
Ab 1860 fuhr die Familie im Sommer auf ihr Anwesen nach Yerres, das 12 Meilen südlich von Paris lag. Sein Vater hatte dort Land mit einem großen Haus gekauft. Auf dem weitläufigen Grundstück der Familie begann der junge Gustave zu zeichnen und zu malen.
Nach seiner Schulzeit schloss Gustave Caillebotte 1868 sein Jurastudium ab und erhielt 1870 seine Anwaltslizenz. Der als intelligent und strebsam geltende Gustave wurde auch als Ingenieur ausgebildet.
Caillebotte war noch nicht lange mit dem Studium fertig, als er in die französische Armee eingezogen wurde, um von Juli 1870 bis März 1871 im Deutsch-Französischen Krieg in der Garde Nationale Mobile de la Seine zu dienen.
Frühwerk
Nach dem Krieg begann Caillebotte, seine künstlerische Leidenschaft mit erhöhtem Eifer zu verfolgen.
Er besuchte das Atelier des angesehenen akademischen Malers Léon Bonnat, der den jungen Gustave für sehr talentiert hielt und ihn ermutigte, eine ernsthafte künstlerische Karriere anzustreben.
Caillebotte stürzte sich mit Begeisterung in seine neue Berufung und schrieb sich 1873 an der École des Beaux-Arts ein, obwohl er dort nur sehr wenig Zeit verbrachte und sein eigenes Atelier im Haus seiner Familie bevorzugte.
In kurzer Abfolge trafen den noch jungen Gustave gleich mehrere Schicksalsschläge: Sein Vater starb im Jahr 1874 und sein jüngerer Bruder Rene starb nur zwei Jahre später. Im Jahr 1878 verstarb dann seine Mutter, so dass die beiden verbliebenen Söhne Gustave und Martial das Familienvermögen unter sich aufteilen mussten.
Ungefähr zu der Zeit, als sein Vater starb, knüpfte Caillebotte einige wichtige Kontakte in der Kunstwelt und freundete sich mit einer Reihe von Künstlern an, die nicht zur französischen Akademie gehörten, darunter Monet, Renoir und Pissarro.
Diese künstlerischen Vorreiter schlossen sich zusammen und organisierten selbst eine erste Ausstellung des Impressionismus im Frühjahr 1874.
Schließlich gab Gustave Caillebotte sein künstlerisches Debüt 1876 auf der zweiten Ausstellung der Impressionisten, die er selbst zu einem Großteil finanzierte.
Im Einklang mit dem fortschrittlichen Stil der Impressionisten, der die akademische Malerei und die Formalitäten der traditionellen Ausstellungen des Pariser Salons ablehnte, stellte Caillebotte seine Werke gemeinsam mit der Pariser Avantgarde aus.
Gustave Caillebotte präsentierte insgesamt acht Gemälde, darunter eines seiner bekanntesten Werke Die Parkettschleifer (1875), das von den Juroren des Pariser Salons von 1875 abgelehnt worden war.
Da es einfache Arbeiter beim Hobeln eines Holzbodens zeigt, wurde es als ordinär eingestuft. Während das künstlerische Etablissement Bilder von Bauern in ländlicher Umgebung von angesehenen Künstlern wie Corot für akzeptabel hielt, wurden Darstellungen der Arbeiterklasse von Malern des Realismus wie Caillebotte als inakzeptabel angesehen und daher von der offiziellen Anerkennung ausgeschlossen.
Caillebotte war nicht nur selbst Maler, sondern spielte auch eine wichtige Rolle als Förderer und Geldgeber für Künstler wie Monet, Renoir und Pissarro, die noch um Aufmerksamkeit und größeren Erfolg bemüht waren.
Das Vermögen seiner Familie half ihm nicht nur dabei, seine eigene künstlerische Laufbahn voranzutreiben, sondern ermöglichte es ihm auch, seine befreundeten Künstler finanziell zu unterstützen und ihre Werke zu sammeln, indem er sie oft zu Preisen über ihrem damaligen Marktwert ankaufte.
Zum ersten Mal kaufte er 1876 Gemälde von Monet und bezahlte mehrmals die Miete für die Ateliers einiger Künstler aus seinem Bekanntenkreis.
So half er auch, die dritte Impressionistenausstellung zu organisieren und zu finanzieren. Die dritte Zusammenkunft der Impressionisten fand im April 1877 statt. Caillebotte selbst war mir sechs Werken vertreten, darunter seine heute weltbekannte Straße in Paris an einem regnerischen Tag von 1877.
Als Sammler war Caillebotte sehr wählerisch, wenn es darum ging, bestimmte Künstler zu unterstützen. So kaufte er zum Beispiel nie die Werke von Georges Seurat oder Paul Gauguin. Andererseits war er maßgeblich daran beteiligt, den Louvre davon zu überzeugen, das umstrittene Gemälde Olympia von Manet zu kaufen.
Mittleres Werk
Er nahm an den folgenden Impressionisten-Ausstellungen teil, obwohl er die sechste Ausstellung boykottierte, weil er sich gegen die Teilnahme von Edgar Degas ausgesprochen hatte - eine Rivalität, die verdeutlicht, wie angespannt die Beziehungen im Kreise der Impressionisten tatsächlich waren.
Im darauffolgenden Jahr nahm er an der siebten Impressionistenausstellung teil und reichte 17 Gemälde ein, obwohl es erneut zu Unruhen kam, da Caillebotte und Pissarro zunächst zerstritten waren, bis Monet die Wogen glätten konnte. Unter den Werken Caillebottes waren unter anderem der Balkon von 1880 und Paar beim Spaziergang von 1881, das heute im Museum Barberini in Potsdam ausgestellt wird.
Sowohl Monet als auch Caillebotte weigerten sich, an der letzten Ausstellung im Jahr 1886 teilzunehmen, doch zu diesem Zeitpunkt hatte Caillebotte ohnehin beinahe vollständig aufgehört zu malen.
Spätwerk
1881 kaufte Caillebotte ein Haus und ein Grundstück in Petit-Gennevilliers in den Vororten von Paris an der Seine, das er ab 1888 als dauerhaften Wohnsitz nutzte.
Die meiste Zeit verbrachte Gustave mit seinem Bruder Martial und Pierre Auguste Renoir, der ihn oft im Haus in Petit-Gennevilliers besuchte. Caillebotte hat nie geheiratet, obwohl er eine ernsthafte und langfristige Beziehung mit einer Frau namens Charlotte Berthier gehabt haben soll. Sie war 11 Jahre jünger als er und stammte offenbar aus einer Familie der Unterschicht.
In den frühen 1890er Jahren hatte er bereits aufgehört, die großen, ehrgeizigen Gemälde der vorangegangenen Jahrzehnte zu malen. Nur wenige Werke aus dieser Zeit existieren, wobei sie vornehmlich seinen Leidenschaften der Gärtnerei und der Bootsfahrt gewidmet sind.
Im Jahr 1894 mit gerade einmal 45 Jahren brach Gustave Caillebotte bei der Gartenarbeit zusammen und starb plötzlich an einem Schlaganfall. Er wurde auf dem berühmten Friedhof Pere Lachaise in Paris beigesetzt.
Nach Caillebottes Tod versuchte sein Nachlass gemäß seinem Testament eine großzügige Spende an den französischen Staat zu leisten. Der Künstler hatte sein Testament schon sehr früh in seinem Leben aufgesetzt, nachdem sein Bruder Rene 1876 früh verstorben war. Sein Testament sah vor, dass die Gemälde nach zwanzig Jahren zur Ausstellung und Konservierung an die Pariser Museen übergeben werden sollten. Er plante zwei Jahrzehnte ein, da er davon ausging, dass es so lange dauern würde, bis die Museen wie der Louvre die Werke wertschätzen und sie sie nicht in Lagern wegsperren würden.
Künstlerisches Vermächtnis von Gustave Caillebotte
Caillebottes Stil, der Kritiker und Akademiker zu seiner Zeit so empörte, inspirierte wiederum Künstler, die ihm folgten, einige seiner radikaleren Kompositionstechniken zu verwenden.
Die oft sehr ungewöhnlichen Perspektiven und der unkonventionelle, an Fotografien erinnernde Bildausschnitt waren Merkmale der Gemälde von späteren Künstlern wie Van Gogh und Picasso.
Die Verwendung von Fotografien zur Konzeptionierung von Gemälden wurde immer gebräuchlicher und gipfelte schließlich im Fotorealismus der 1970er Jahre.
Eine Einschätzung der Wichtigkeit von Caillebotte auf den Verlauf der gesamten Kunstgeschichte lässt sich kaum vornehmen, doch war sie gewiss immens. Nicht nur durch seine eigensinnigen Maltechniken, sondern vor allem auch wegen seiner Rolle als Geldgeber und Organisator mehrerer impressionistischer Ausstellungen spielte Gustave Caillebotte eine zentrale Rolle in der Entstehung der modernen Kunst.
Ohne Caillebotte hätten die damals noch verschmähten avantgardistischen Künstler des Impressionismus nicht die finanziellen Mittel gehabt, um ihre Werke zu präsentieren und schließlich die Wahrnehmung auf alternative Mal- und Ausdrucksweisen abseits des Akademiesystems zu verändern.