Erfahre, wieso Gustave Courbets Aktgemälde zu seiner Zeit für so viel Empörung sorgten
... und wieso sie dies heute auch noch tun.
Im 19. Jahrhundert erregte der französische Maler Gustave Courbet mit seinen skandalösen Akten reichlich Empörung. Doch was genau war so skandalös an Courbets Aktgemälden? Schließlich war er nicht der erste Künstler, der nackte Frauen in unzweideutigen Posen malte.
Genau dieser Frage gehen wir in diesem Beitrag auf den Grund. Dazu sehen wir uns zunächst Courbets stilistische Besonderheiten an, bevor einige seiner Akte und ihre Merkmale präsentiert werden.
Courbet und sein Realismus
Courbet wurde 1819 in einer kleinen Stadt in Frankreich geboren und ließ sich zunächst von den Alten Meistern inspirieren: Rembrandt, Caravaggio und Tizian sind drei der Größen, die zu seinen Vorbildern zählten.
Später brach er mit der akademischen Tradition und wandte sich dem Realismus zu. Ein Stil - oder gar eine Kunstauffassung - der versuchte, das reale Leben einzufangen.
Auf dem Pariser Salon von 1850 stellte Courbet zehn Gemälde aus, darunter die heute weltbekannte Darstellung von Arbeitern mit dem Titel Die Steineklopfer. Die Kritiker waren verärgert und verblüfft darüber, dass Courbet die kräftezehrende Plackerei der Arbeiter als würdiges Bildmotiv wählte.
Courbets Aktgemälde und die empörten Reaktionen
Gewisse Aspekte der Empörung über Courbets Frühwerk erscheint einem modernen Betrachter lächerlich. In seinem Werk Die Badenden missfiel es einigen Kritikern, dass eine Frau auf dem Gemälde schmutzige Füße hatte.
Courbets Realismus machte jedoch nicht vor Darstellungen der Armut oder der unteren Gesellschaftsschichten halt.
Was die Massen wirklich schockierte, war Courbets Beharren darauf, nicht-idealisierte, zeitgenössische Frauen statt mythologischer Figuren zu malen. Der Salon de Paris lehnte sein 1864 geschaffenes Gemälde Studie der Frau (später umbenannt in Venus und Psyche) wegen des unmoralischen Motivs ab.
Was war an der Arbeit so unmoralisch?
Höchstwahrscheinlich war es Courbets Darstellung von nicht nur einer, sondern zwei nackten Frauen zusammen, die den Salon schockierte.
Von dieser Zurückweisung nicht entmutigt, schuf Courbet Frau mit Papagei. Obwohl die Kunstkritiker die unbeholfene Pose und die zerzauste Frisur der nackten Frau nicht mochten, nahm der Salon das Bild 1866 zur Ausstellung an.
Courbets Aktgemälde waren keine statuenhaften, idealisierten Göttinnen, die zufällig unbekleidet waren, sondern gewöhnliche nackte Frauen.
Sieh dir beispielsweise Die Frau in den Wellen von 1868 an, wo die Achselbehaarung der Frau deutlich sichtbar ist. Wenn dies die Venus sein sollte, war dies keine Venus, die irgendjemand zuvor abgebildet hatte. Göttinnen haben schließlich keine Achselhaare, sondern sind in der akademischen Tradition makellos.
Wieso Courbets Akte auch heute noch einige Betrachter schockieren
Für ein modernes Publikum ist Courbets Arbeit oft unangenehm voyeuristisch. Der Betrachter ist eingeladen, zusammen mit dem Künstler die nackten Frauen zu beobachten, während sie schlafen, baden oder ohne Kleidung im Freien faulenzen. Die Frauen sind sich nicht bewusst, dass sie gerade das Blickobjekt von jemandem sind, der sie in einem Gemälde verewigen wird.
Genau dieser Realismus zeichnet Courbets Werk aus.
Der Höhepunkt von Courbets Akten
Die französische Gesellschaft war weiterhin empört über Courbets Arbeit.
Sein 1866 geschaffenes Gemälde Die Schläferinnen – Trägheit und Wollust wurde als unanständig bezeichnet. Auch in diesem Werk beobachtet der Betrachter wieder zwei nackte Frauen, die in den Armen der jeweils anderen schlafen. Falls Zweifel bestehen sollten, wieso die zwei Frauen so erschöpft sind, bieten die weggeworfenen Haarnadeln und die zerbrochene Perlenkette im Bett Anhaltspunkte.
Courbet schuf dieses Gemälde für Khalil Bey, einen türkischen Diplomaten, der über eine umfangreiche Sammlung erotischer Gemälde verfügte.
Das wahrscheinlich schockierendste Werk Courbets trägt den treffenden Titel Der Ursprung der Welt, das 1866 ebenfalls für Beys private Sammlung geschaffen wurde.
Diese Nahaufnahme einer Frau mit gespreizten Beinen sollte eigentlich nie an einer Museumswand hängen. Bey bewahrte seine umfangreiche Sammlung erotischer Kunst hinter einem grünen Vorhang auf und enthüllte sie nur zu besonderen Anlässen. Inzwischen hängt das Gemälde an der Wand des Musée d'Orsay in Paris.
Gewiss wäre ein Künstler wie Courbet begeistert zu wissen, dass er auch nach mehr als 150 Jahren in der Lage ist, die Betrachter seiner Kunstwerke zu schockieren.