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Bildbeschreibung und Interpretation von Henri Matisses Meisterwerk Der Tanz

Henri Matisse, Tanz II, 1909:1910Henri Matisse, Tanz II, 1909/1910

1909 erhielt Henri Matisse einen wichtigen Auftrag. Der russische Industrielle Sergej Schtschukin bat Matisse um zwei großformatige Leinwände, die die Wendeltreppe seines Herrenhauses in Moskau schmücken sollten. Eines dieser Motive war das Gemälde Der Tanz, was schließlich zu einem der bedeutendsten Werke von Matisse, aber auch zu einem wegweisenden Kunstwerk der gesamten Moderne wurde.

Hier findest du eine ausführliche Bildbeschreibung und Interpretation von Henri Matisses Der Tanz.

Bildbeschreibung von Matisses Der Tanz

Henri Matisse malte zwei Versionen von Der Tanz. Die erste Version wird heute auch Tanz I genannt und wird im New Yorker MoMA ausgestellt. Obwohl es in einem monumentalen Format und in Öl gemalt wurde, betrachtete Matisse es lediglich als vorbereitende Skizze für das Gemälde, das heute als Tanz II bekannt ist. Tanz II befindet sich heute in der Eremitage in St. Petersburg.

Matisse entlehnte das Motiv dem Hintergrund seines Gemäldes Bonheur de Vivre von 1905-06. Für das neue Gemälde hat Matisse das Motiv der tänzerischen Formation isoliert und auf seine Grundelemente reduziert.

Henri Matisse, Tanz I, 1909

Henri Matisse, Tanz I, 1909, MoMA NYC | Foto: Phil Roeder / Flickr

Henri Matisse, Tanz II, 1909:1910

Henri Matisse, Tanz II, 1909/1910

Die erste Version des Gemäldes mit einer viel blasseren Farbgebung ist der Vorgeschmack auf das Finale. Die zweite Version zeigt einen dunkelblauen Hintergrund, der die strahlenden Körper mit der Umgebung kontrastiert.

Tanz II misst gewaltige 2,6 m x 3,90 m und weist drei beherrschende Bildelemente auf: Die orangefarbenen Figuren, die sich mit ihren kräftigen Konturen von dem blauen und grünen Hintergrund abheben. Der blaue Teil des Hintergrundes weckt Assoziationen zum Blau des Himmels. Der grüne Bereich erinnert an einen festen Untergrund.

Die fünf Figuren tanzen in einem Kreis, während sie sich an den Händen halten. Obwohl die Figuren unbekleidet sind, ist nicht klar, ob sie weiblich oder männlich sind.

In der Szene findet sich keine Landschaft oder Architektur, die Perspektive oder Schattierungen schaffen würden, um ein Gefühl von Raum oder Distanz zu erzeugen. Keine der Figuren wurde mit markanten Eigenschaften gezeichnet, die ihnen Individualität verleihen würden.

Interpretation von Der Tanz von Henri Matisse

Henri Matisse setzte sich sein ganzes Leben lang mit der Beziehung zwischen Farbe und einfachen Linien auseinander und suchte nach der ultimativen Harmonie. In Der Tanz verwendete er kräftige Konturlinien, die mit einer einzigen Farbe gefüllt waren. Die Gemälde sind riesig mit plumpen Figuren, wohl inspiriert von primitiver Kunst.

Es gelang Henri Matisse, mit so wenig Aufwand Bewegung, Raum und Ausdruck anzudeuten. Vielleicht ist es die Einfachheit eines endlosen Himmels und der Erde, die den Rhythmus der Tänzer zum Schwingen bringt.

Abgesehen von der Wirkung der Farbigkeit fällt die Konstellation der Figuren auf. Sie tanzen in einem fortlaufenden Kreis mit ihren Köpfen wie in einer Trance nach vorne geneigt. Die fließenden Konturen, die die Körper und ihre Gliedmaßen umreißen, betonen die kreisförmige Anordnung der sich fassenden Figuren.

Tanz II, Oval

Die Ringform ist wesentlich für die Komposition und Ordnung in der Szene. Die Figuren auf verschiedenen Ebenen und Positionen sind alle durch diesen Kreis in dem suggestiven Raum miteinander verbunden.

Die Eremitage in Sankt Petersburg erklärt das Gemälde als ausdrucksstarke Harmonie von Grün, Rot und Blau, in denen sich die Menschheit mit Erde und Himmel vereint. Die Figuren kletterten den Hügel hinauf und führten ihren Tanz mit voller Hingabe und Konzentration abseits der täglichen Verpflichtungen auf.

Schwestergemälde und Einfluss von Matisse' Tanz

Abgesehen von Tanz II ist auch das zweite Gemälde erhalten, das Matisse für Sergei Schtschukin gemalt hat. Heute dient dieses Gemälde mit identischen Maßen in den Räumlichkeiten der Eremitage als Gegenstück zum Tanz.

Während Matisse die Figuren in Tanz durch die schaukelnde Bewegung ihrer Körper miteinander verbindet, entsteht die gedankliche Einheit der Figuren in dem anderen Gemälde dadurch dass sie gemeinsam musizieren.

Vor einem grünen Hintergrund und einem tiefblauen Himmel scheinen die Musiker zu schweben, als wären sie in der Luft gefangen und von der übersinnlichen Wirkung der Musik mitgerissen. Wie Henri Matisse' Tanz verkörpert auch Musik  eine gewisse kindliche Unschuld und erzählt von unserem menschlichen Verlangen, uns in freudiger Verbundenheit mit anderen auszuleben.

Tanz II, St. Petersburg

Tanz II, Eremitage St. Petersburg | Foto: Gilbert Sopakuwa / Flickr

Die beiden Werke werden als die wichtigste Arbeit Matisse gewertet, wobei sich vor allem Tanz II international großer Bewunderung erfreut.

Indem er die Regeln von Genre, Ästhetik, Harmonie, Ordnung und Form brach, eröffnete er unendliche Möglichkeiten für die kommenden Künstlergenerationen.

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.