Jean-Michel Basquiat wurde im New York City der 1980er Jahre als raffinierter Graffiti-Künstler bekannt, der von seinen Anfängen als Street Artist erfolgreich in die internationale Kunstszene vordrang.
In seiner kurzen künstlerischen Laufbahn schuf Basquiat ein beeindruckendes Werk an Gemälden und Zeichnungen, von denen einige heute zu den wertvollsten Arbeiten der zeitgenössischen Kunst zählen.
Kernideen von und über Basquiat
- Basquiats Werk ist eines der wenigen Beispiele dafür, wie ein amerikanischer Punk aus der Graffiti-Szene zu einem anerkannten und in der Populärkultur gefeierten künstlerischen Phänomen wurde.
- Trotz des unstrukturierten Erscheinungsbildes seines Werkes brachte Basquiat in seiner Kunst sehr geschickt und zielgerichtet eine Vielzahl unterschiedlicher Traditionen, Praktiken und Stile zusammen, um eine einzigartige Bildsprache zu schaffen, die von seinen Street Art Ursprüngen und seinen karibischen Vorfahren inspiriert ist.
- Für Einige verkörpert Basquiats rascher Aufstieg zum Ruhm und sein ebenso schneller wie tragischer Tod durch eine Heroinüberdosis die zu kommerziell ausgerichtete Kunstszene der 1980er Jahre.
- Basquiats Schaffen ist beispielhaft dafür, wie amerikanische Künstler der 1980er Jahre nach dem großen Erfolg des Minimalismus und der Konzeptkunst die menschliche Figur erneut in ihre Arbeit integrierten und so einen Dialog mit der Tradition des abstrakten Expressionismus der 1950er Jahre aufnehmen konnten.
Bücher zu Jean-Michel Basquiat
Bevor wir uns unserer Biografie widmen, findest du nachfolgend eine Übersicht jener Bücher, die Basquiat-Fans für einen noch umfangreicheren Einblick in das Leben und Werk des Künstlers lesen sollten.
Die umfassende Monografie von Holzwarth und Nairne (erschienen im Taschen Verlag) ist sicherlich der heilige Gral der Jean-Michel Basquiat Bücher, doch gibt es auch preiswertere Optionen, die einen Großteil der Informationen ebenfalls eindrucksvoll vermitteln.
Hier nun die Buchempfehlungen:
- Hans Werner Holzwarth, Eleanor Nairne: Jean-Michel Basquiat (Die bis heute umfassendste Monografie)
- Hans Werner Holzwarth, Eleanor Nairne: Basquiat - 40th Anniversary Edition
- Michael Dayton Hermann, The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts: Warhol on Basquiat
- Leonhard Emmerling: Basquiat
- Eleanor Nairne, Dieter Buchhart: Basquiat: Boom for Real
Jean-Michel Basquiat Biografie
Kindheit und erste Kontakte mit der Kunst
Obwohl Jean-Michel Basquiat seit jeher als Straßenkünstler gilt, ist er nicht in den schmalen Straßen von Manhattan aufgewachsen, sondern in einem Reihenhaus in Brooklyn.
Der gebürtige New Yorker wurde am 22. Dezember 1960 als Sohn einer puertorikanischen Mutter und eines haitianisch-amerikanischen Vaters geboren. Dank des multikulturellen Erbes seiner Eltern sprach Basquiat Französisch, Spanisch und Englisch.
Als eines von vier Kindern des Paares wuchs Jean-Michel in einem dreistöckigen Reihenhaus im Boerum Hill Viertel im Nordwesten von Brooklyn auf. Sein Bruder Max starb kurz vor Jean-Michels Geburt. Jean-Michel war damit das älteste Geschwisterkind von Lisane und Jeanine, geboren 1964 und 1967.
Im Alter von 7 Jahren erlitt der junge Jean-Michel ein dramatisches Schicksal, als er beim Spielen auf der Straße von einem Auto angefahren wurde und in Folge dessen seine Milz verlor. Als er sich während eines einmonatigen Krankenhausaufenthaltes erholte, war der Junge fasziniert von dem berühmten Lehrbuch "Gray's Anatomy", das ihm seine Mutter geschenkt hatte. Das Buch wurde auch als Einfluss bei der Entstehung seiner experimentellen Rockband Gray gewertet. Aber nicht nur in der Musik, sondern auch in der bildenden Kunst prägten ihn die anatomischen Darstellungen.
Seine Eltern hatten einen unmittelbaren Einfluss auf die künstlerische Entwicklung des jungen Basquiats.
Seine Mutter brachte den Jungen regelmäßig zu Kunstausstellungen und half ihm dabei, Junior-Mitglied des Brooklyn Museums zu werden.
Jean-Michels Vater brachte Papier von seiner Arbeitsstelle nach Hause, das der junge Künstler für seine Zeichnungen verwendete.
Der verheerende Verkehrsunfall war jedoch nicht das einzige traumatische Ereignis, das die Kindheit von Basquiat beeinflusste. Nicht lange nach dem Autounfall trennten sich seine Eltern. Matilde litt fortwährend unter psychischen Problemen, die eine regelmäßige therapeutische Betreuung erforderten, so dass der Vater das Sorgerecht für die Kinder erhielt.
Der Künstler und sein Vater entwickelten eine turbulente Beziehung. Als Teenager lebte Basquiat zeitweise allein oder mit Freunden, während zu Hause die Spannungen zunahmen.
Gérard Basquiat soll seinen Sohn rausgeworfen haben, als der Teenager die Edward R. Murrow High School verließ. Invielerlei Hinsicht war diese erzwungene Unabhängigkeit für die Entwicklung Jean-Michels als Künstler und Mann ausschlaggebend.
Frühwerk und Bekanntheit als Street Artist
Allein auf seinen Verstand und seine persönlichen Mittel angewiesen zu sein, beflügelte Basquiat, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten und sich als Künstler einen Namen zu machen. Der Teenager versuchte Postkarten und T-Shirts zu verkaufen, um sich selbst zu versorgen.
In dieser Zeit erregte er aber auch als Graffitikünstler Aufmerksamkeit. Unter dem Pseudonym SAMO - häufig als Abkürzung für "Same Old Shit" gedeutet - malten Basquiat und sein Freund Al Diaz an Gebäuden in Manhattan Botschaften gegen das Establishment.
Bald darauf wurde die Gegenkultur auf das Duo aufmerksam, was zu einem erhöhten Bewusstsein für ihren künstlerischen sozialen Kommentar führte.
Eine Meinungsverschiedenheit führte schließlich dazu, dass Basquiat und Diaz ihre Zusammenarbeit beendeten. Ihre letzte gemeinsame Graffiti-Botschaft, "SAMO is dead", wurde an unzähligen Fassaden der New Yorker Innenstadt entdeckt.
Künstlerischer Erfolg und mittleres Werk
1980 wurde Jean-Michel Basquiat zu einem angesehenen Künstler. In diesem Jahr nahm er an seiner ersten Gruppenausstellung "Times Square Show" teil.
Eine zweite Gruppenausstellung im PS1/Institute for Art and Urban Resources Inc. im Jahr 1981 gilt als sein endgültiger künstlerischer Durchbruch. Während die Ausstellung die Werke von mehr als 20 Künstlern zeigte, stach vor allem Basquiat mit seinen Arbeiten hervor, was dazu führte, dass über ihn ein Artikel mit dem Titel "The Radiant Child" im Artforum Magazine geschrieben wurde.
Wissenswert: Schon zu seiner Zeit spielte er sich selbst im halb-autobiographischen Film "Downtown 81", der erst im Jahr 2000, fast 20 Jahre nach den Aufnahmen, veröffentlicht wurde.
Seine künstlerischen Inspirationen erhielt Basquiat unter anderem vom Punk, Hip-Hop, Pablo Picasso, Leonardo da Vinci und Robert Rauschenberg sowie seinen eigenen haitianischen Vorfahren.
In dieser Schaffensphase konzentrierte sich Basquiats Botschaft vor allem auf die soziale Zweiteilung zwischen schwarzer und weißer Bevölkerung. In seinen Werken stellte er sowohl den transatlantischen Sklavenhandel als auch den Sklavenhandel in Ägypten dar.
Basquiat beklagte die Tatsache, dass er als Schwarzer trotz seines Erfolgs nicht in der Lage war, ein Taxi in Manhattan anzuhalten. Er scheute sich nie, explizit und aggressiv über rassistische Ungerechtigkeiten in Amerika zu sprechen.
Mitte der 80er Jahre arbeitete Basquiat mit Andy Warhol an mehreren Ausstellungen zusammen. 1986 wurde er zum jüngsten Künstler, der in der Galerie der deutschen Kestner Gesellschaft ausstellte, wo etwa 60 seiner Gemälde gezeigt wurden. Aber der Künstler hatte nicht nur Anhänger, sondern auch Gegner, die seine Kunst für einen Marketing-Scherz hielten und die ästhetische Armut seiner Bildsprache kritisierten.
Tod
In seinen späten Zwanzigern war Basquiat wahrscheinlich schon an der Spitze der Kunstwelt angekommen, aber sein Privatleben lag in Trümmern. Er war heroinabhängig, zog sich gegen Ende seines Lebens aus der Gesellschaft zurück.
Nachdem er einen erfolglosen Versuch unternommen hatte, mit dem Heroinmissbrauch aufzuhören, als er eine Reise nach Hawaii unternahm, kehrte er nach New York zurück und starb am 12. August 1988 im Alter von 27 Jahren an einer Überdosis in seinem Studio in der Great Jones Street.
Basquiats Tod brachte ihm einen Platz im zweifelhaften "Club 27" ein, zu dessen Mitgliedern künstlerische Legenden wie Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison und später auch Kurt Cobain und Amy Winehouse gehören, die allesamt im Alter von 27 Jahren starben.
Künstlerisches Vermächtnis
Achtzehn Jahre nach seinem Tod stellte die filmische Biografie "Basquiat" mit Jeffrey Wright und Benicio del Toro Jean-Michel Basquiats beachtliches Werk einer neuen Generation vor. Julian Schnabel, der zur gleichen Zeit wie Basquiat als Künstler in New York City bekannt wurde, übernahm die Regie des Films. Neben Schnabels Film war Basquiat Thema des 2010 erschienenen Dokumentarfilms "Jean-Michel Basquiat - The radiant Child" von Tamra Davis.
Das Werk von Basquiat umfasst rund 1.000 Gemälde und 2.000 Zeichnungen. Sammlungen von Basquiats Werken wurden in mehreren Museen ausgestellt, darunter das Whitney Museum of American Art, das Brooklyn Museum, das Guggenheim Museum Bilbao in Spanien und das Barbican Centre in London.
Während Basquiat und sein Vater ihre Differenzen hatten, wurde Gérard Basquiat zugeschrieben, dass er die Integrität des Werkes seines Sohnes bewahrt und seinen Wert gesteigert hat. Sein Vater soll nach dem Tod seines Sohns streng die Urheberrechte kontrolliert haben, indem er systematisch nach Drehbüchern, Biographien oder Galerieausstellungen suchte. Er war auch Teil eines Expertenausschusses, der sch mit potenziellen Fälschungen von Kunstwerken beschäftigte, die als echte Basquiats beworben wurden. Die gesamte Kunst, die auf dem heutigen Markt angeboten wird, ist authentisch und sind Schöpfungen von Jean-Michel Basquiat.
Als Basquiat das Alter von 20 Jahren erreichte, wurden seine Kunstwerke für Zehntausende von Dollar verkauft. Stücke, die während seines Lebens für bis zu 50.000 Dollar verkauft wurden, stiegen nach seinem Tod beinahe über Nacht auf etwa 500.000 Dollar. Diese Entwicklung setzt sich seitdem weiter fort und zeigt ausschließlich in eine Richtung: Nach Oben.
Im Mai 2017 kaufte der japanische Milliardär Yusaku Maezawa Basquiats Totenkopfgemälde "Untitled" von 1982 für 110,5 Millionen Dollar bei einer Sotheby's-Auktion. Kein Gemälde eines Amerikaners, geschweige denn eines Afroamerikaners, hatte bis dato einen so hohen Verkaufspreis erzielt.
Basquiats Werk und sein Lebensweg inspirieren weiterhin Kreative in einer Vielzahl von Genres, darunter der Musik, Literatur, Kunst, Mode und mehr.
Bekannte Werke von Jean-Michel Basquiat
SAMO is dead Graffiti, 1980
Beschreibung des Kunstwerks: Al Diaz und Basquiat entschlossen sich unter Verweis auf künstlerische Unterschiede, ihre Zusammenarbeit unter dem Namen SAMO mit der Ankündigung "SAMO is dead" zu beenden.
Der Satz, der an verschiedenen Orten tauchte mehrfach auf Gebäuden in ganz Lower Manhattan auf. Einst ein Zeichen von Hausfriedensbruch und Vandalismus, wurden Graffitis in den Händen von Diaz und Basquiat zu einem Werkzeug des künstlerischen Markenauftritts.
Untitled, 1981 (Totenkopf-Gemälde)
Beschreibung des Kunstwerks: Untitled (Skull) ist ein Beispiel für Basquiats frühe Leinwandkunst und zeigt einen Schädel, der das malerische Pendant zu Mary Shelleys Frankenstein zu sein scheint - Er wirkt wie eine Summe aus nicht zueinander passenden Bestandteilen.
Basquiats jüngere Vergangenheit als mutiger Straßenhändler, beinahe Obdachloser und gelegentlicher Nachtclub-Besucher ist in diesem unruhigen Dreiviertelprofil gleichermaßen enthalten.
Flexible, 1984
Beschreibung des Kunstwerks: Flexible zeigt eins der beliebtesten Motive von Jean-Michel Basquiat: Den Griot. Eine einzige schwarze Figur starrt den Betrachter an, während seine Arme einen geschlossenen Kreislauf bilden.
Da der Griot traditionell eine Art wandernder Philosoph, Straßenkünstler und sozialer Kommentator in einem ist, ist es wahrscheinlich, dass Basquiat sich in dieser Rolle in der New Yorker Kunstwelt verkörpert sah. Er war sich bewusst, dass diese Rolle seinen künstlerischen Erfolg förderte, ihn aber auch schnell für materielle Zwecke ausschöpfte.