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Analyse: Johannes der Täufer von Leonardo da Vinci

Johannes der Täufer von Leonardo da VinciLeonardo da Vinci, Johannes der Täufer, 1513 - 1516

Johannes der Täufer ist der Titel eines berühmten Gemäldes von Leonardo da Vinci aus der Spätphase seines künstlerischen Schaffens.

Heute wird das Werk auf die Jahre 1513 bis 1516 datiert, nur drei Jahre vor da Vincis Tod.

In dieser Bildbeschreibung und -interpretation findest du alle wichtigen Informationen zu einem der spannendsten Gemälde Leonardos.

Johannes der Täufer, Leonardo da Vinci - Steckbrief

  • Titel: Johannes der Täufer, 1513 - 1516
  • Künstler: Leonardo da Vinci, 1452 - 1519
  • Medium: Öl auf Holz
  • Größe: 69  × 57  cm
  • Gattung: Porträt
  • Epoche: Renaissance
  • Standort: Louvre, Paris

Die biblische Beschreibung des Heiligen Johannes des Täufers

Leonardo da Vinci versuchte in seinem Gemälde den Charakter des Heiligen Johannes des Täufers so einzufangen, wie er in den Evangelien der Bibel beschrieben wird.

Der Bibel zufolge führte Johannes ein sehr einfaches Leben. Er soll sich von Heuschrecken ernährt und Kamelhaut als Kleidung getragen haben. Er predigte das Evangelium allen, die es hören wollten.

Da er später für seine Botschaft enthauptet wurde, erscheint die Geschichte des Johannes als eine Geschichte des Leidens und des Verrats, aber auch als eine Geschichte der Hoffnung für alle, die an die bleibende Botschaft Gottes glauben, die der Tod nicht aufhalten kann.

Bildbeschreibung: Johannes der Täufer von Leonardo da Vinci

Leonardo da Vinci Johannes der Täufer

Die Szene ist insgesamt dunkel gehalten, wenn gleich der Körper des Heiligen durch eine Lichtquelle erhellt wird, die nicht explizit im Bild zu sehen ist, aufgrund ihres Schlagschattenwurfs sich allerdings oberhalb Johannes' befinden muss.

Die linke Hand des Johannes berührt sanft seine linke Brust im Bereich des Herzens. Die im Fokus stehende rechte Hand zeigt aufwärts in Richtung Himmel.

Der Körper des Johannes und die Szene im Gesamten ist ein Paradebeispiel zweier beliebter Maltechniken der italienischen Renaissance:

  • Chiaroscuro (Hell-Dunkel-Malerei)
  • Sfumato (weichgezeichneter Farbauftrag, insb. Hautfarben)

Im Hintergrund ist auf den ersten Blick nichts Substanzielles zu erkennen, während der Blick ganz gezielt durch die Gestaltung der Schatten auf Johannes gerichtet wird. Der Blick wandert vom Gesicht des Heiligen über die Schulterpartie hin zur emporgerichteten Hand.

Interpretation des Gemäldes

Es ist natürlich, einer Person als erstes ins Gesicht zu sehen, um die Gesichtszüge zu analysieren und die Absichten der Person zu erkennen. Der Blick des Johannes geht dem Betrachter entgegen, wobei die Herabneigung seines Kopfes seine Augen ein wenig hinaufschauen lässt.

Es wirkt, als würde sich Johannes der Täufer von Leonardo da Vinci im Mittelpunkt zweier kontrastierender Kräfte befinden, die ihn gleichzeitig hinunter und hinaufziehen wollen.

Er selbst signalisiert, welche der beiden Kräfte stärker ist. Das Leben des Johannes wird als Weg aus der Dunkelheit hin zum Licht verbildlicht.

Im Hintergrund, ganz schwach zu erkennen, befindet sich ein Kreuz, in dessen Richtung Johannes der Täufer mit seinem Finger zeigt. Das Gemälde scheint ein Motiv zu zeigen, in dem die Verlorenen in Richtung des wahrhaftigen Wegs der Rechtschaffenheit geführt werden.

Auschnitt Kreuz

Da die linke Hand des Heiligen auf dem Bild auf seinem Herzen ruht, könnte man deuten, dass die Erlösung der Seele nicht auf der Erde stattfindet, sondern sich am Kreuz befindet. Am Kreuz, dort, wo über Gut und Böse entschieden wird und die Rechtschaffenen erlöst werden.

Viele Historiker nehmen allerdings an, dass das Kreuz erst später dem Bild hinzugefügt wurde, um den Standpunkt des Meisters zu betonen.

Das zarte Lächeln des Johannes kann auf zwei Arten interpretiert werden: Es könnte eine einladende Geste für diejenigen sein, die bereit sind, sich dem Weg der Rechtschaffenheit zu widmen, oder es könnte eine Art Warnung an diejenigen sein, die sich auf dem Pfad der Dunkelheit befinden.

Bewertung des da Vinci Gemäldes

Dieses Gemälde war für viele Kritiker der Zeit nicht von großem Interesse. Die meisten haben es sogar für das Werk von Da Vincis Schülern gehalten, wobei man sich heutzutage weitestgehend einig ist, dass es sich um ein eigenes Gemälde von Leonardo handelt.

Der Johannes der Täufer von Leonardo da Vinci ist eines seiner weniger bekannten Gemälde, wobei es trotz allem eine tiefgründige Botschaft über das Menschsein, den Glauben und die Erlösung erhält.

Die Komplexität des Motivs regt den Betrachter zum Nachdenken an und erfordert Hintergrundwissen über die biblische Geschichte des Johannes. 

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.

Ein Kommentar

  • Leonardo da Vinci hat sich damals mit diesem Bild viel Zeit gelassen. Er hat dieses Gemälde unvollendet wegen politischer Lage und kriegerischen Auseinandersetzungen in Italien von einem Stadtstaat zu dem Anderen mitgeschleppt.
    Auf dem schwarzen Leinwand war erst nur die Hand mit dem Zeigefinger zu sehen gewesen. Als er in diesen kritischen Zeiten ernsthaft in finanzieller Schwierigkeiten geraten war, musste er das Bild endlich fertig stellen. Der rasche Verkauf des Bildes muss für einen reichen unbeliebten Geschäftsmann oder Politiker sein, so dass er der Hand einen unproportionalen Körper und nicht so schönes, etwas zwielichtiges oder Mona Lisa ähnlich lächelndes Gesicht verpasste. Und noch dazu um den Preis und nach der damaligen Mode-Religiosität entsprechend die Sakralität des Bildes zu erhöhen, zeichnete er oben ein Kreuz dazu. So wurde plötzlich die einsame Hand weg, der Hinweis wurde verändert.
    Hingabe zu Gott war weg und die Magie, die Mystik war verschwunden. Es wurde
    Johannes der Täufer.

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