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Männerakte in der Kunst – Wie sich der männliche Akt gewandelt hat

Männerakte Hero

Der Männerakt wird in der Kunst bei weitem nicht so oft dargestellt wie der weibliche Akt. Der männliche Akt in der Kunst ist jedoch nicht nur eine ästhetische Freude, sondern hat auch eine lange Entwicklung hinter sich. In den letzten 2000 Jahren haben sich die Männerakte grundlegend gewandelt.

Hier sind die wichtigsten Entwicklungsetappen der Darstellung des männlichen Körpers in der Kunst vom antiken Griechenland bis zur Moderne.

Männerakte in der griechischen Kunst

Die erste Großkultur, die die Bedeutung des männlichen Aktes würdigte, war das antike Griechenland. Bei Festen wurden häufig sportliche Wettkämpfe ausgetragen, bei denen junge Männer ihr körperliches Können unter Beweis stellten und um Ehre kämpften. Die griechische Kunst reflektierte das Leben der Griechen dieser Zeit.

Mit den Anfängen der frühen archaischen Kunstepoche wurde der nackte Körper eines jungen Mannes zum Idealbild für viele Skulpturen dieser Zeit. Diese Vorlage der Männeraktes nannten die Griechen Kouros und setzten es häufig in ihrer bildhauerischen Ikonographie ein.

Zu den größten bekannten griechischen Bildhauern, die auch Männerakte schufen, gehörten:

  • Phidias (ca. 488-431 v. Chr.)
  • Praxiteles (ca. 375-335 v. Chr.)
  • Polydorus, Hagesandrus und Athenodoros (2.-1. Jhdt. v.Chr., Siehe auch: Die Laokoon-Gruppe)

Einige der berühmtesten männlichen Akte Griechenlands wurden aber auch von heute unbekannten Bildhauern geschaffen. Zu den bekannten Skulpturen gehören:

Der barberinische Faun

Der Barberinische Faun | Foto: Matthias Kabel / CC BY-SA 3.0

Die griechische Bildhauerei schuf eine große Anzahl von männlichen Aktskulpturen, die entweder gewöhnliche Individuen als Weihgaben für Götter in religiösen Tempeln oder die Götter selbst darstellen sollten.

Es ist wichtig zu erkennen, dass griechische Bildhauer bei der Gestaltung von nackten Männern und Frauen typischerweise ein Ideal und nicht die Eigenschaften eines Individuums anstrebten. Dieses Ideal verkörperte einen perfekten Zustand der Gesundheit, der Jugend und der geometrischen Proportion.

Während die Griechen den Männerakt sowohl in der Skulptur als auch in der Malerei würdigten, assoziierten andere Zivilisationen dieser Zeit Nacktheit mit negativen Eigenschaften. Beispielsweise betrachteten sie Nacktheit als Zeichen der Schande und als Symbol einer militärischen Niederlage.

Männliche Akte in der römischen Kunst

Obwohl die römischen Künstler der Antike häufig die Traditionen der Griechen aufgriffen, folgten sie in diesem Fall ihrer eigenen römischen Doktrin, dass die Kunst den Interessen Roms dienen und ihre Macht fördern sollte.

Deshalb haben die Künstler sich vorwiegend der Schaffung von Machtsymbolen ihrer Feldherren gewidmet und - bis auf wenige Ausnahmen - keine freien Aktskulpturen oder -gemälde geschaffen.

Männliche Akte in der byzantinischen Kunst

Leider hat das Christentum die Bewunderer der Aktkunst weitgehend vertrieben. Generell wurden die männlichen Figuren des Christentums in Kleidung dargestellt. Dies entsprach den Schriften des Evangeliums und der Erzählung von Adam und Eva im Garten Eden, deren Nacktheit mit Scham und Bestrafung verbunden war. Es passte auch zu der allgemeinen Vorstellung, dass Nacktheit als Bedrohung für das geistige Wohlbefinden des Einzelnen empfunden wurde.

Die Tatsache, dass fast alle byzantinischen Kunstwerke religiös waren, führte dazu, dass die Nacktheit noch weniger akzeptiert wurde. Es gab nur wenige Ausnahmen der nichtreligiösen Kunst in dieser Zeit, die beispielsweise auf Schatullen zu finden sind. Manchmal wurden auf diese Döschen detaillierte Aktdarstellungen gemalt, wobei diese Gegenstände nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren.

Weil die Byzantiner Nacktheit mit den heidnischen Griechen in Verbindung brachten, sahen sie den Männerakt aber auch die Aktdarstellung als Ganzes als primitiv und rückständig an.

Männerakte im Europa des Mittelalters

Die romanische und gotische Kunst wurde von der Bildhauerei und der Architektur bestimmt, die keine Nacktheit zuließ. Insbesondere die kirchliche Säulenstatue war eine der Hauptformen der Kunst.

Bis zur Renaissance war die katholische Kirche die wichtigste Förderungsinstitution der Kunst und finanzierte fast alle monumentalen Bauwerke, Skulpturen, Gemälde und Manuskripte in Europa.

Die Kirche entmutigte die Verwendung der Nacktheit in der bildenden Kunst, nicht zuletzt wegen ihrer Betonung des Zölibats und der Keuschheit. Das katholische Rom betrachtete die Nacktheit als Untergrabung des geistigen und körperlichen Wohlbefindens des Einzelnen.

Männerakte in der Renaissance

Die Rückkehr zu den klassischen Idealen der griechisch-römischen Kultur während der italienischen Renaissance stellte die nackte Gestalt als einen Standard der damals zeitgenössischen Kunst wieder her.

Insbesondere der männliche Akt wurde in dieser Zeit in mehreren ikonischen Skulpturen verewigt, darunter die beiden Davidskulpturen von Donatello und Michelangelo.

Später fertigte der manieristische Giambologna die beeindruckende Skulptur der Raub der Sabinerinnen.

David von Michelangelo

In der Malerei wurde Nacktheit ebenso salontauglich.

Tommaso di Masaccio ließ in seinem Fresko Vertreibung aus dem Garten Eden nichts der Fantasie offen. Auch malte Michelangelo die Fresken der Sixtinischen Kapelle mit männlichen Aktbildern verschiedener Größe und Form. Leonardo da Vinci würdigte den männlichen Akt beispielsweise in seinem Vitruvianischen Menschen.

Einige Maler der nordischen Renaissance probierten sich ebenfalls in den Darstellungen des männlichen Aktes in der Kunst. Jan van Eyck oder Hieronymus Bosch sind nur zwei der bekannten Künstler, die die nackte Mannesfigur in ihren Kunstwerken aufnahmen.

Donatello David

Foto: Patrick A. Rodgers / Flickr / CC BY-SA 2.0

Was jedoch ist mit der christlichen Moral passiert?

Das Konzil von Trient (1545-63) versuchte zwar, die ausschweifenden gestalterischen Elemente einzudämmen, tatsächlich zensiert wurde die Kunst dadurch allerdings nicht.

Männliche Akte in der Kunst des Barocks

Die akademische Kunst legte großen Wert darauf, aus dem Akt zu lernen und bewahrte so die Tradition von Michelangelo und Co in der Zeit des Barocks.

Trotzdem wurde in der Barockkunst die Nacktheit weitgehend auf allegorische oder mythologische Motive beschränkt.

Peter Paul Rubens zum Beispiel benutzte den männlichen Akt in seinem mythologischen Gemälde Trunkener Herkules von 1614, während Caravaggio ihn in seinem Bild Amor Vincit Omnia verwendete.

Pete Paul Rubens, Der trunkene Herkules, von einer Nymphe und einem Satyrn geführt, 1613-1614

Pete Paul Rubens, Der trunkene Herkules, von einer Nymphe und einem Satyrn geführt, 1613-1614

In der Skulptur setzte Gian Lorenzo Bernini mit seinem herausragenden Können den Standard der barocken Aktdarstellung.

Darstellungen im Rokoko und Klassizismus

Männliche Nacktheit war ein fester Bestandteil der Kunst des 18. Jahrhunderts, wenngleich sie vielleicht weniger offensichtlich war als die weibliche Nacktheit.

Vor allem in der Historienmalerei und in dekorativen Arbeiten wurde der Männerakt in dieser Zeit dargestellt. Auch die Bildhauerei in dieser Epoche hat einige Beispiele schöpferischen Talents zu bieten.

In der klassizistischen Kunst modellierten Bildhauer wie Antonio Canova seine Skulpturen nach antiken Vorbildern. Ein Paradebeispiel für dieses Phänomen ist Canovas Perseus, der die Proportionen des berühmten Apollo Belvedere nachahmt.

Auch die Männerakte des deutschen Anton Raphael Mengs sind herausragend, darunter seine Kohlezeichnung Sitzender männlicher Akt als Bachhus.

Sitzender männlicher Akt als Bachhus

Männliche Akte in der Kunst des 19. Jahrhunderts

Die männliche Nacktheit in der Malerei des 19. Jahrhunderts wurde durch energiegeladene Bilder wie Studie eines nackten Mannes von Théodore Géricault veranschaulicht.

Théodore Géricault, Studie eines Männeraktes, 1816

Théodore Géricault, Studie eines Männeraktes, 1816

Jules-Cyrille Cavés Narcissus zeigt eine beliebte Geschichte aus Ovids Metamorphosen. Echo, die Nymphe, die sich in den hübschen Jüngling Narcissus verliebte, fehlt gänzlich in der Darstellung. Narziss hält sich mit einer Hand an einem Ast fest, sein liegender Körper befindet sich am Rand des Teiches, während er auf die sich reflektierende Wasseroberfläche blickt.

Narziss verliebte sich in sich selbst und Cavé zeigt den Moment, in dem er sein eigenes Spiegelbild küssen will.

Daraufhin wurde Narziss verflucht, er ertrank und starb.

Jules-Cyrille Cavé, Narcissus, 1890

Jules-Cyrille Cavé, Narcissus, 1890

Männliche Akte in der Kunst des 20. Jahrhunderts

Trotz des Aufkommens des Kubismus, des Expressionismus und anderer moderner Kunstrichtungen und des damit verbundenen Niedergangs der klassischen akademischen Maltradition bleiben Männerakte bedeutende Motive der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts.

In der Malerei wird der männliche Akt durch zahlreiche Werke verschiedenster Künstlerinnen und Künstler sowie verschiedenster Stilrichtungen abgebildet.

Ein imposantes Beispiel lieferte Lucian Freud mit Naked Man with a Rat von 1977-78.


Obwohl sich die Fotografie in den letzten Jahren als häufigstes Medium zu Darstellung des Männeraktes durchgesetzt hat, ist die moderne Interpretation des Motivs in der Malerei und der Bildhauerei aufgrund ihrer heutigen vollständigen künstlerischen Freiheit noch immer spektakulär.

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.

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