Malerei

Die wichtigsten Stilrichtungen der modernen Kunst in einer Übersicht

Moderne Kunst TitelbildPablo Picasso, Les Demoiselles D'Avignon, 1907 | Foto: Darren Kumasawa / Flickr.com / CC BY-NC-ND 2.0

Um die bemerkenswerte Epoche der modernen Kunst einschätzen zu können, muss man die ihr innewohnenden unterschiedlichen Kunstrichtungen kennen und verstehen.

Dazu ist es zunächst hilfreich, sich an einer Definition der modernen Kunst zu orientieren.

Was ist moderne Kunst? Ein Definitionsansatz

Nicht zu verwechseln mit zeitgenössischer Kunst, bezieht sich die Bezeichnung moderne Kunst im westlichen Kulturkreis auf die Kunst des späten 19. bis mittleren 20. Jahrhunderts.

Die in dieser Zeit entstandenen Werke zeigen das Interesse der Künstlerinnen und Künstler an der Ablehnung traditioneller Werte früherer Kunststile und der darauf folgenden Neuorientierung der Kunst, die auch Ausdruck der sich verändernden Weltordnung war.


Wichtige Kunstrichtungen der modernen Kunst

Angefangen beim revolutionären Impressionismus bis hin zum energiegeladenen Abstrakten Expressionismus setzt sich die Epoche der modernen Kunst aus mehreren bedeutenden Kunstrichtungen zusammen.

Nachfolgend findest du eine Übersicht der wichtigsten Kunstrichtungen der modernen Kunst.

Bitte beachte, dass die Zeiteinteilung der einzelnen Stilrichtungen nur als Orientierung dienen soll, da es in Wirklichkeit keine festen Eckpunkte gab, an dem eine Stilrichtung endete und eine Nächste folgte. Die Übergänge sind bis auf wenige Ausnahmen fließend.

Kunstrichtungen der Moderne bis 1900

Impressionismus

Claude Monet: Impression, Sonnenaufgang, 1872

Claude Monet, Impression Sonnenaufgang, 1872

Der Impressionismus gilt als Ausgangspunkt für die moderne Kunst, da erstmals die starren Regeln und realitätsgetreuen Darstellungen der akademischen Malerei in Frage gestellt wurden.

Bis dato waren es die Kunstakademien und Universitäten, die den Kunstkanon bestimmten, da sie die wichtigsten Ausstellungen veranstalteten und durch sie Aufträge an wohlhabende Auftraggeber vermittelt wurden.

Ein Merkmal der akademisch geprägten Malerei war die Beibehaltung vorhandener Strukturen und etablierter Malweisen. Künstlerische Wagnisse wurden nicht gefördert und teilweise sogar vom Unterricht ausgeschlossen.

Der Aufbruch erfolgte 1872, als Claude Monet innovativ unscharfe Pinselstriche malte und dabei einen Fokus auf Licht und lebhafte Farben setzte, als er Impression, Sonnenaufgang schuf.

Ab diesem Zeitpunkt formierte sich eine kleine Gruppe französischer Künstler in Paris, die sich allesamt von den akademischen Zwängen lösen wollten und dabei eine ähnliche Bildsprache entwickelten, die wir heute als impressionistisch bezeichnen. Mehrere selbst organisierte Ausstellungen, die zu großen Teilen vom wohlhabenden Gustave Caillebotte finanziert wurden, der dem Künstlerkreis beiwohnte, sorgten dafür, dass diese künstlerische Ausdrucksweise der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde.

Zunächst von der Kunstwelt belächelt, dominierte diese Malweise bis zur Jahrhundertwende die französische Malerei.

Künstler wie Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir und Edgar Degas sind nur drei der bedeutendsten Namen des Impressionismus, denen wir die Etablierung innovativer Ausdrucksweisen in der Kunst zu verdanken haben.

Post-Impressionismus

Sternennacht über der Rhône

Vincent van Gogh, Sternennacht über der Rhône, September 1888

Inspiriert von der künstlerischen Freiheit der Impressionisten, begannen Künstler wie Paul Cézanne, Paul Gauguin, Vincent van Gogh und Henri Toulouse-Lautrec in eigenwilligen Malstilen zu arbeiten.

Die Kunstrichtung des Post-Impressionismus ist eine direkte Reaktion auf den Impressionismus. Nicht selten hegten die Künstlerinnen und Künstler des Post-Impressionismus eine Abneigung gegenüber der Ausdrucksweise des Impressionismus, die sie dazu veranlasste, mit komplett neuartigen Ausdrucksformen zu experimentieren.

Da viele Post-Impressionisten nur in ihrer Einstellung zu dem zu überwindenden Impressionismus geeint waren, sind die Ausdrucksweisen der einzelnen Künstlerinnen und Künstler sehr verschieden und weisen keinen einheitlichen Stil auf.

Eine Tendenz zum Interesse an der menschlichen Gefühlswelt und eine Präferenz für subjektive Interpretation gegenüber einer realitätsgetreuen Darstellung lässt sich dennoch in vielen Künstlerinnen und Künstlern dieser Schaffensperiode beobachten.

Kunstrichtungen der Moderne zwischen 1900 - 1914

Fauvismus

Henri Matisse, Tanz II, 1909:1910

Henri Matisse, Tanz II, 1909/1910

Die avantgardistische Künstlergruppe um André Derain, Henri Matisse und Maurice de Vlaminck agierte Anfang des 20. Jahrhunderts in Paris.

Wie die Post-Impressionisten bevorzugten Fauvisten satte Farben, kräftige Pinselstriche und die Betonung individueller Wahrnehmungen in ihren Darstellungen, die üblicherweise erkennbare aber dennoch abstrahierte Formen enthielten.

Einen besonderen Fokus legten die Fauvisten auf die Farbe als eigenständiges Ausdrucksmittel, die ihre Wirkung nicht mehr durch die Abbildung einer Wirklichkeit entfaltete, sondern ihren Effekt durch das Zusammenspiel der Farbflächen durchsetzte.

Der Fauvismus wurde auf gewisse Art durch den Kubismus abgelöst, da viele Fauvisten von der neuen Ausdrucksweise fasziniert waren und sich diesem Stil ab 1907 zuwandten. 

Kubismus

Analytischer Kubismus Marcoussis

Geprägt von dekonstruierten, gebrochenen Formen, markierte der Kubismus endgültig den Wandel der modernen Kunst hin zur Abstraktion.

Die 1907 von Georges Braque und Pablo Picasso gegründete Kunstrichtung basierte auf verworrenen Gemälden, mehrdimensionalen Skulpturen und hochmodernen Collagen.

Wie andere Kunstrichtungen der Moderne betonte auch der Kubismus einen subjektiven Ansatz des Schaffens, der auf den individuellen Perspektiven des Künstlers basierte, der mehrere simultane Ansichten eines Objekts aus verschiedenen Blickwinkeln in einem Werk miteinander kombinierte. 

Picasso erklärte, dass sie lediglich das ausdrücken wollten, was sie fühlten und was in ihnen steckte.

Futurismus

Einzigartige Formen der Kontinuität im Raum

Umberto Boccioni: Einzigartige Formen der Kontinuität im Raum

Der Futurismus wollte die Schnelligkeit der neuen Technologien in Flugzeugen, Zügen und Automobilen vermitteln.

Anfang des 20. Jahrhunderts begann sich der italienische Schriftsteller Filippo Tommaso Marinetti mit der Thematik theoretisch auseinanderzusetzen, während Umberto Boccioni mit seinen Werken größere künstlerische Aufmerksamkeit erzielte.

Der italienische Futurismus kam mit dem Aufkommen des ersten Weltkriegs rasch zum Erliegen, da die Verantwortlichen ihre Einstellung zum Maschinenzeitalter und dessen Zerstörungspotential grundlegend  änderten.

Wassily Kandinsky, 1911, Reiter

Wassily Kandinsky, 1911, Reiter

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg begannen Malerinnen und Maler in Deutschland und Österreich, ihre Kunst experimenteller anzugehen.

Schlussendlich als Expressionisten bekannt, übernahmen sie die bis dahin verborgenen Eigenschaften anderer moderner Kunstrichtungen.

Wie post-impressionistische und fauvistische Kunstwerke vermitteln auch Werke im expressionistischen Stil eine Faszination für leuchtende Farben und individuelle Ikonographie. Sie wollten den Betrachtern einen Eindruck vermitteln, der über eine bloße naturalistische Darstellung hinaus geht.

Im Gegensatz zu den Impressionisten stand nicht die Vermittlung eines Eindrucks im Vordergrund, sondern die Verbildlichung einer inneren Regung des Künstlers.

Kunstrichtungen der Moderne nach dem 1. Weltkrieg

Dadismus

Duchamp Fountaine

Marcel Duchamp, Fountain

Der Dadaismus begann 1916 in Zürich. Danach verbreitete er sich in Deutschland, Frankreich und den Vereinigten Staaten. 

Das wohl bedeutendste Werk des Dadaismus war Marcel Duchamps Urinal-Skulptur von 1917, an dem sich auch die zugrundeliegende Einstellung gegenüber den an Absurdität grenzenden Readymades nachvollziehen lässt.

Duchamp legte ein Pissoir verkehrtherum und signierte es, bevor er es in einer Kunstausstellung zur Präsentation einreichte. Die Arbeit löste eine heftige Debatte darüber aus, was als Kunst angesehen werden kann. 

Surrealismus

Die Beständigkeit der Erinnerung

Salvador Dalí, Die Beständigkeit der Erinnerung | Foto: Neil R / Flickr.com / CC BY-NC 2.0

In den 1920er Jahren vereinten sich die bildenden Künstler Salvador Dalí, Max Ernst, Man Ray, Joan Miró und Yves Tanguy, um den Surrealismus voranzutreiben, eine im Unterbewusstsein verankerte Stilrichtung.

Sein geistiger Urheber war der französische Schriftsteller Andre Breton, der 1924 in Paris das Surrealistische Manifest veröffentlichte. Der Surrealismus betont das Unbewusste, die Bedeutung der Träume und den psychologischen Aspekt in der Kunst.

Der Surrealismus wurde zu einer wichtigen Bewegung in der bildenden Kunst, der Literatur und im Film.

Ohne jede Kontrolle durch Vernunft und frei von jeglichen ästhetischen oder moralischen Interessen gipfelte das Genre in einer vielfältigen Sammlung von traumartigen Darstellungen direkt aus den Gedankenwelten der Künstlerinnen und Künstler.

Kunstrichtungen der Moderne nach dem 2. Weltkrieg

Abstrakter Expressionismus

Mark Rothko, Centre Pompidou

Foto: Esther Westerveld / Flickr

Nach der unheimlichen Zerstörung des Zweiten Weltkriegs ersetzte eine innovative Künstlergruppe in den USA figurative Malstile durch eine vollkommen abstrakte Ästhetik.

Beim abstrakten Expressionismus wird der künstlerische Schwerpunkt nicht nur auf Merkmale wie Farbe, Komposition und die zu übermittelnde Emotion gelegt, sondern auch auf den kreativen Prozess selbst.

Beim Abstrakten Expressionismus wird das Motiv abstrahiert, um den Betrachter von der gegenständlichen Beobachtung zu lösen und Farb- sowie Kompositionseffekte in der Vordergrund zu rücken.

Der abstrakte Expressionismus wird zwar auch als Stilrichtung der modernen Kunst verstanden, bezieht sich aber auch auf eine Herangehensweise, die Kunst spontan und ohne geistige Beschränkungen zu kreieren.


Postmoderne Kunst

Der Zweite Weltkrieg hat die Menschheitsgeschichte grundlegend verändert. Kunst, die nicht mehr als Resultat auf die Gräuel des Zweiten Weltkriegs und der anschließenden Verzweiflung geschaffen wurde, wird meist als postmodern bezeichnet.

Auch wenn die genaue Abgrenzung der Moderne von der Postmoderne schwer fällt, wird die Linie meist um 1950 gezogen, als man die ersten Nachwehen des Krieges bereits verarbeitet hatte, die Menschen langsam zurück in ihren Alltag kehrten und die Weltordnung eine neue Gestalt annahm.


Moderne Kunst vs. Zeitgenössische Kunst

Aufgrund des experimentellen Charakters und der sich überschneidenden Themen von moderner und zeitgenössischer Kunst werden die Kunstrichtungen oft miteinander verwechselt.

Typischerweise werden unter moderner Kunst die Stilrichtungen vom Impressionismus bis hin zum abstrakten Expressionismus verstanden.

Die zeitgenössische Kunst beginnt daher im Zeitverlauf mit der ersten großen Bewegung nach der Moderne - der Pop Art - und geht selbstverständlich bis heute weiter.

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.