Kunst

Rokoko – Grundideen, Geschichte und bedeutende Werke

Quentin de La Tour, Pompadour, Rokoko Titelbild

Das Rokoko ist ein künstlerischer Stil, der im Frankreich des frühen achtzehnten Jahrhunderts entwickelt wurde und für seine ornamentalen Details, warmen Pastellfarben, verspielten Szenen und ländlichen Motive bekannt ist.

Die Gemälde zeigen oft Versammlungen oder Feste im Freien in Anwesenheit wohlhabender Aristokraten oder erotische Darstellungen von mythologischen Figuren.

Die französische Rokoko-Bewegung war eine Reaktion auf die düsteren Stile des Barocks und verbreitete sich in vielen Teilen Europas, darunter Deutschland, Österreich und Russland.

Der Begriff "Rokoko" stammt vom französischen Wort "rocaille", was so viel wie "Fels" oder "Schutt" bedeutet, und bezieht sich auf das unebene Mauerwerk oder den Stuck in der Architektur und Inneneinrichtung dieser Zeit.

Fakten zum Rokoko

  • Der Stil des Rokoko entwickelte sich zuerst in den dekorativen Künsten und der Innenarchitektur, bevor sich der Einfluss auf die Architektur, die Bildhauerei, das Theater, die Malerei und die Musik ausweitete.
  • Charakteristisch für den Stil sind kunstvolle Ornamente, asymmetrische Formen, eine Farbgebung mit Schwerpunkt auf Pastelltöne sowie geschwungene Linien.
  • Die Kunstwerke stellen oft Themen wie Liebe, klassische Mythen, Jugend und die damit einhergehende Ausgelassenheit und Fröhlichkeit dar.
  • Antoine Watteau gilt als der erste große Maler des Rokoko, der spätere Rokoko-Meister wie Boucher und Fragonard beeinflusst hat.
  • In der Bildhauerei gilt Etienne-Maurice Falconet als wichtigster Vertreter dieser Zeit.

Anfänge des Rokoko

In der Malerei wurde das Rokoko vor allem von der Venezianischen Schule mit ihrer Farbgebung und erotischen Motiven beeinflusst, während die Schule von Fontainebleau für die Innenarchitektur des Rokoko wegweisend war.

Die venezianische Schule

Die bedeutenden Maler Giorgione und Tizian beeinflussten unter anderem die Betonung des Rokoko auf schwungvollen Farben und erotischen Motiven.

Das "Ländliche Konzert" (um 1509), das zunächst Giorgione zugeschrieben wurde, heute aber von den meisten Kunsthistorikern zu den frühen Werken Tizians gezählt wird, wurde vom Louvre als "Fête champêtre" (Fest im Freien) klassifiziert, als es erstmals Teil der Sammlung des Museums wurde.

Tizian, Ländliches Konzert, c. 1509

Tizian, Ländliches Konzert, c. 1509

Das Renaissance-Werk, das zwei nackte Frauen und zwei musizierende adelige Männer in einer Landschaft zeigt, beeinflusste maßgeblich die Entwicklung der Fête galante des Rokoko. 

Der Begriff bezog sich auf historische Gemälde vergnügter Freizeitunterhaltung und wurde mit den Werken von Jean-Antoine Watteau populär.

Die Schule von Fontainebleau

1530 lud König Franz I. den italienischen Künstler Rosso Florentino an den französischen Hof ein, wo er als Pionier des französischen Manierismus die Schule von Fontainebleau begründete. 

Diese Künstlergruppierung wurde für ihren einzigartigen Einrichtungsstil bekannt, in dem alle Elemente eine geordnete Einheit bildeten. Rosso leistete Pionierarbeit bei der Verwendung von großen Stuckreliefs als Rahmen, die mit dekorativen und vergoldeten Motiven verziert waren.

Die Ära des Rokoko

Das Rokoko machte sich erstmals in der Innenarchitektur bemerkbar, als Pierre Le Pautre mit dem Architekten Jules Hardouin-Mansart am Château de Marly (1679-1684) zusammenarbeitete, und später in Versailles, als er 1701 die Privatgemächer Ludwigs XIV. neu gestaltete.

Le Pautre leistete Pionierarbeit bei der Verwendung von Arabesken mit einer s- oder c-förmigen Linie, die er auf weißen Wänden und Decken anbrachte. Er verwendete auch eingelassene Paneele mit vergoldeten Holzarbeiten, wodurch ein leichter wirkender Stil entstand.

Unter der Führung Ludwigs XIV. war Frankreich zur führenden Großmacht Europas aufgestiegen. Die Kombination aus großem Reichtum und friedvoller Stabilität verleitete die Franzosen dazu, ihre Aufmerksamkeit auf persönliche Angelegenheiten und Genuss zu richten. 

Als der König 1715 starb, war sein Erbe Ludwig XV. erst fünf Jahre alt, so dass die Regentschaft Frankreich regierte, bis der Thronfolger volljährig wurde. Als Ludwig XV. im Jahr 1723 den Thron bestieg, wurde auch er ein bekannter Befürworter und Förderer des reifenden Rokoko.

Da Frankreich das künstlerische Zentrum Europas war, folgten die Werkstätten anderer europäischer Länder bald in ihrer Vorliebe für ähnliche Ausschmückungen.


Bekannte Künstler des Rokoko

Jean-Antoine Watteau

Rosalba Carriera, Porträt von Antoine Watteau, 1721

Rosalba Carriera, Porträt von Antoine Watteau, 1721

Jean-Antoine Watteau führte die Epoche des Rokoko in der Malerei an. Geboren im französisch-belgischen Valenciennes ging er aufgrund seiner künstlerischen Begabung schon früh bei einem ortsansässigen Maler in die Lehre.

Anschließend ging er nach Paris, wo er seinen Lebensunterhalt mit der Anfertigung von Kopien von Werken von Tizian und Paolo Veronese verdiente.

Er trat dem Atelier des renommierten Dekorateurs Claude Audran bei, wo er Claude Gillot kennenlernte, der für seine Dekorationsarbeiten für die Commedia dell'arte bekannt war. Infolgedessen drückten Watteaus Arbeiten oft einen theatralischen Ansatz aus. So wirken seine Gemälde oft so, als würden sie die Figuren mit Kostümen inmitten von Kulissen sitzen, die mit künstlichem Licht beleuchtet werden.

1712 bewarb sich Watteau um den Prix de Rome der Académie Royale de Peinture et de Sculpture, die ihn als Vollmitglied aufnahm. Sein "Empfangsstück" für die Akademie, die Einschiffung nach Kythera (1717), gab den Startschuss für die Rokoko-Bewegung. 

Jean-Antoine Watteau, Einschiffung nach Kythera, 1717 (Louvre-Version)

Jean-Antoine Watteau, Einschiffung nach Kythera, 1717 (Louvre-Version)

Die Akademie bezeichnete das Werk als "Fête galante" und begründete damit eine Bildgattung, die ein dominanter Bestandteil der Rokoko-Malerei werden sollte. 

 

Hinweis: Die Gemälde der Fête galante zeigten die bei der aristokratischen Klasse beliebte Fête champêtre, bei der sie, wie für einen Ball gekleidet in Gärten und Parks Wein tranken, speisten und sich vergnüglichen Beschäftigungen hingaben.

Das künstlerische Sujet gefiel jedoch nicht nur privaten Kunststiftern, sondern entsprach mit seinen mythologisierten Landschaften und Szenerien auch den an der Historienmalerei orientierten Standards der Akademie. 

François Boucher

Beeinflusst von Rubens und Watteau, wurde François Boucher der wohl bedeutendste Künstler des späten Rokoko, das in den 1730er Jahren begann und bis in die 1760er Jahre andauerte.

Bekannt für seine Malerei, die aristokratische Eleganz mit erotischen Darstellungen des Aktes verband, wie in Die Toilette der Venus, war er ebenso einflussreich in der dekorativen Kunst und im Design von Wandteppichen.

François Boucher, Die Toilette der Venus, 1751

François Boucher, Die Toilette der Venus, 1751

Er wurde 1765 zum Maler des Königs ernannt, ist aber vor allem für seine langjährige Zusammenarbeit mit Madame de Pompadour bekannt, der offiziellen ersten Mätresse von  Ludwig XV.

Madame de Pompadour, geboren als Jeanne-Antoinette Poisson, trug maßgeblich zur Verbreitung des Stils und zur Etablierung von Paris als Kunst- und Kulturhauptstadt Europas bei. 

Sie beeinflusste das Rokoko durch ihre Förderung für Künstler wie Jean-Marc Nattier, Jean Baptiste Pigalle und Jacques Guay.

Von 1745 bis 1751 war sie offiziell die erste Mätresse des Königs und blieb bis zu ihrem Tod im Alter von 42 Jahren seine Vertraute und Beraterin.


Rokoko: Konzepte, Stile und Trends

Französisches Rokoko

Frankreich war das Zentrum des Rokoko. In der Gestaltung war der sogenannte Salon - ein Raum zur Unterhaltung - eine wesentliche Neuerung.

Merkmale eines typischen Rokoko-Salons sind die weißen Wände, vergoldetes Holz und viele Spiegel. Arabeske Dekorationen, die oft auf römische Motive und Girlanden anspielten, wurden in Goldstuck und Plattenrelief dargestellt. Asymmetrische Kurven wurden aufwendig und detailreich ausgeführt. Die minimale Betonung der Architektur und die maximale Betonung des Dekors sollten zum Eckpfeiler des Rokokos in der Hausgestaltung werden.

Italienisches Rokoko

In der Malerei war Italien tonangebend, am besten veranschaulicht durch die Werke des venezianischen Künstlers Giambattista Tiepolo. Tiepolo kombinierte die Betonung der venezianischen Schule auf Farbe mit der sogenannten Quadratura. Seine Meisterwerke waren Fresken und große Altarbilder.

Das italienische Rokoko war auch für seine großen Landschaftsmaler bekannt, die sich der Vedutenmalerei widmeten. Giovanni Antonio Canal leistete Pionierarbeit bei der Verwendung der linearen Zwei-Punkt-Perspektive und schuf beliebte Szenen der Kanäle von Venedig. Seine Werke waren bei den englischen Aristokraten sehr gefragt. 

Rosalba Carrieras Pastellporträts, sowohl im Miniaturformat als auch in Originalgröße, sowie ihre allegorischen Werke waren in ganz Europa gefragt. Sie leistete Pionierarbeit bei der Verwendung von Pastellen als Medium in der Malerei, da sie bis dahin nur für vorbereitende Zeichnungen verwendet wurden. Ihr Porträt Ludwigs XV. als Dauphin (1720-1721) begründete einen neuen Stil der Rokoko-Porträtmalerei, bei dem die dekorative Wirkung des Motivs im Vordergrund steht.

Rosalba Carriera, Ludwig XV. von Frankreich als Dauphin, 1720-1721

Rosalba Carriera, Ludwig XV. von Frankreich als Dauphin, 1720-1721

In der Architektur betonte Italien weiterhin den Barock mit seiner starken Verbindung zur katholischen Kirche, bis der Architekt Filippo Juvarra in den 1720er Jahren mehrere norditalienische Paläste im Rokoko-Stil erbauen ließ.

Sein Meisterwerk war das Schloss Stupingi, das als Jagdschloss für den König von Sardinien in Turin errichtet wurde.

Italienische Rokoko-Interieurs waren besonders bekannt für ihre venezianischen Glas- und Spiegelinstallationen und ihre reiche Verwendung von Seiden- und Samtpolstern.

Deutsches und österreichisches Rokoko

Die deutsche Freude am Rokoko drückte sich überschwänglich und vor allem in architektonischen Meisterwerken, in der Innenarchitektur und in der angewandten Kunst aus.

Ein bekanntes Element des deutschen Stils war die Verwendung von leuchtenden Pastellfarben.

Jacob Prandtauers Stift Melk ist ein Beispiel für das österreichische Rokoko mit seiner Farbgebung und den Neuerungen in der räumlichen Konstruktion, wie sie in der wellenförmigen Stirnwand und der Lage des Gebäudes an der Donau zum Ausdruck kommen.

Jacob Prandtauer, Stift Melk, Foto: Bwag / Wikipedia

Deutsche und österreichische Künstler verwendeten Asymmetrien sowie s- und c-geschwungene Formen, griffen oft auf florale oder organische Motive zurück und verwendeten viele Details. 


Auf das Rokoko folgende Entwicklungen

1750 schickte Madame de Pompadour ihren Neffen Abel-François Poisson de Vandières zum Studium der italienischen Kunst und Archäologie.

Vandières kehrte mit einer Begeisterung für die klassische Kunst zurück und förderte diese Ansicht gleich in mehreren Institutionen.

Berühmte Denker der Zeit, darunter auch Voltaire und Diderot, kritisierten das Rokoko ebenfalls als oberflächlich und dekadent. Diese Tendenzen, zusammen mit der aufkommenden revolutionären Begeisterung in Frankreich, führten dazu, dass das Rokoko um 1780 in Ungnade fiel.

Die neue Bewegung des Klassizismus, angeführt von Jacques-Louis David, betonte Heldentum und moralische Tugend. Ab 1836 galt das Rokoko als altmodisch und ab 1841 wurde der Begriff sogar für Werke verwendet, die als geschmacklos angesehen wurden.

Design und Malerei des Rokoko schlugen verschiedene Wege ein, da der Stil trotz der neuen Trends in der Hauptstadt weiterhin in den französischen Provinzen beliebt war.

In den 1820er Jahren, unter der Monarchie von König Louis Philippe, wurde ein Revival des Rokoko-Stils populär und verbreitete sich nach Großbritannien. In Großbritannien wurde diese Neuinterpretation als viktorianisches Rokoko bekannt und hielt bis etwa 1870 an.

In der Malerei geriet das Rokoko jedoch weitestgehend in Vergessenheit. Als eine von wenigen Ausnahme können die Genrebilder von Chardin genannt werden, die weiterhin einflussreich waren und Einfluss auf mehrere Künstler des Post-Impressionismus ausübten.

Der Begriff Rokoko und die damit assoziierten Künstler begannen erst im späten 20. Jahrhundert neu bewertet zu werden, als die Pop Art einen neuen Kontext für jene Kunst schuf, die dieselben verschnörkelten und teils skurrilen Formen zum Ausdruck brachte.


Bedeutende Werke des Rokoko

Es gibt viele bemerkenswerte Gemälde dieses Kunststils, die du heute noch in Museen auf der ganzen Welt sehen kannst.

Neben einigen bereits genannten Gemälden findest du hier eine Auswahl der besten Werke des Rokoko:

Jean-Antoine Watteau, Die Einschiffung nach Kythera, 1717: Dieses Gemälde ist ein frühes Beispiel für eine Fête Galante und zeigt die französische Aristokratie, die sich amüsiert, während Amoretten über ihr schweben.

Heute befindet es sich im Louvre in Paris. Eine weitere Version dieses Gemäldes befindet sich im Schloss Charlottenburg in Berlin.

François Boucher, Der Triumph der Venus, 1740
: Dieses Gemälde zeigt Venus, die Göttin der Schönheit, die aus dem Wasser steigt und von einigen Amoretten und anderen mythologischen Figuren umgeben ist.

Heute befindet sich das Gemälde im Nationalmuseum der Schönen Künste in Schweden.

Jean-Honoré Fragonard, Der Fortschritt der Liebe, 1771-1773: Diese Ölgemälde auf Leinwand stellt den Verlauf einer romantischen Beziehung vom Heiratsantrag bis zur Hochzeit dar. Auf einer Tafel sehen wir einen Mann, der über eine Gartenmauer klettert, um seine Geliebte zu treffen.

Die Bilder sind zusammen in der Frick Collection in New York City zu sehen.

Thomas Gainsborough, Knabe in Blau, 1770: Auf diesem Gemälde ist ein Junge in einer leuchtend blauen Uniform abgebildet, das sowohl als Kostümstudie als auch als Porträt gilt.

Es kann in der Huntington Library in San Marino in den USA besichtigt werden.

Jean-Honoré Fragonard, Die Schaukel, 1767: Dieses Gemälde zeigt eine junge Frau, die auf einer Schaukel angeschubst wird, während ein junger Mann darunter liegt und zu ihr hinaufschaut.

Dieses Gemälde ist in der Wallace Collection in London zu sehen.


Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.