Kunst

Shunga – Die japanischen Frühlingsbilder mit dem gewissen Etwas

Alles über die erotischen Darstellungen aus Fernost

Die japanische Kunstform des Ukiyo-e ist vielen Kunstinteressierten bekannt. Dieses Genre der Malerei und des Drucks wurde zu einem wesentlichen Einfluss für europäische Maler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mit ihren Farben, klaren Linien und flachen Kompositionen beeinflussten sie Künstler wie Edouard Manet, Toulouse-Lautrec und Vincent van Gogh.

Aber es gibt eine Art des Ukiyo-e, die nicht so oft gezeigt wird wie "36 Ansichten des Berges Fuji". Es ist die Kunstrichtung, die westliche Besucher im Japan des späten 19. Jahrhunderts sehr überraschte, als sie erstmals von Reisenden aus Europa entdeckt wurde.

Das sogenannte Shunga, was auf Deutsch so viel wie Frühlingsbilder bedeutet, ist durch eine scheinbar entspannte Einstellung zu Nacktheit und Sexualität gekennzeichnet.

Fast alle wichtigen Ukiyo-e Künstler produzierten erotische Shunga-Motive. Obwohl von der Regierung verboten, wurden sie unsigniert verkauft und machten schätzungsweise bis zu fünfzig Prozent aller Ukiyo-e aus.

Merkmale der Shunga-Kunst

Die japanische Herangehensweise an die Sexualität war damals ganz anders als die europäische, wo die Sexualität in mythologischen und religiösen Szenen verhüllt war. 

In den japanischen Kunstwerken stand der offenere Umgang mit Sex im Mittelpunkt. Religion, Philosophie und Medizin werden in ihnen oft lediglich als Metapher verwendet.

Was immer wichtig erscheint, ist das Einvernehmen der Teilnehmer und die Gewaltlosigkeit, die nur selten ein Thema des Genres ist. 

Auch ein Hauch von Humor wird ihnen gerne angeheftet. 

Shunga bot der Sexualität eine schamlose Möglichkeit des Ausdrucks, mit der sexuelles Vergnügen, weibliche Sexualität und Homosexualität anerkannt wurden.

Der Hauptgebrauch von Shunga war das Betrachten und Teilen der Bilder mit engen Freunden oder Sexualpartnern. 

Die Bilder wurden auch verwendet, um jungen Paaren sexuelle Aufklärung zu bieten oder die Fantasie eines Krieger in seinen Ruhephasen anzuregen.

Bekannte Shunga Beispiele

Da die Szenen in manchen Fällen nicht leicht zu verstehen sind, solltest du stets auf die Titel achten.

Die Mehrheit der Shunga stellt die sexuellen Beziehungen der einfachen Menschen dar.

Während die meisten Shunga heterosexuell waren, gab es auch einige Darstellungen von männlich homosexuellen Liebesakten. Bilder zweier Frauen waren weniger verbreitet, wobei es auch vereinzelt Werke mit diesem Motiv gab. Ein weiteres beliebtes Motiv ist die Masturbation einer einzelnen Figur.

In fast allen Shunga sind die Charaktere vollständig bekleidet. Nacktheit war in Japan nicht von Natur aus erotisch - die Menschen waren es gewohnt, das andere Geschlecht nackt in Gemeinschaftsbädern zu sehen.

Die Kleidung half dem Betrachter auch, Kurtisanen und Ausländer zu identifizieren, die Kleidungsmuster enthielten oft symbolische Bedeutung, und die Kleidung lenkte die Aufmerksamkeit auf die offengelegten Körperteile, d.h. die Genitalien.

Nishikawa Sukenobu, Sexual dalliance between man and geisha, ca. 1711-16

In Bezug auf die Genitalien wurden die Figuren in den Shunga-Darstellungen oft in unrealistischen Positionen mit übertriebenen Genitalien präsentiert.

Es gibt eine interessante Erklärung dafür, dass die Sichtbarkeit des sexuellen Inhalts erhöht wird. Die Genitalien werden als "zweites Gesicht" interpretiert, das die ursprünglichen Leidenschaften zum Ausdruck bringt, die im Alltag verborgen bleiben. Geschlechtsteile haben daher in Shunga häufig die gleiche Größe wie der Kopf.

Mehr über die Kunst des Shunga

Falls du mehr über die japanische Kunstform erfahren willst, sind folgende Bücher hervorragend geeignet, um dir einen tiefergehenden Einblick zu vermitteln.

Das Buch von Marco Fagioli ist in deutscher Sprache, das Buch von Ofer Shagan in englischer Sprache. Mit rund 450 vollgepackten Seiten ist das Werk von Shagan eines der umfangreichsten Werke dieses Genres.

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.