Kunst

Skizzen von Leonardo da Vinci zeigen sein Verständnis der Schwerkraft lange vor Newton

Neu entdeckte Skizzen belegen sein profundes Verständnis der Gravitation

Leonardo da Vinci Schwerkraft

Eine im Februar erschienene Publikation bestätigt, dass Menschen ein Verständnis der Schwerkraft bereits lange vor den Beobachtungen Sir Isaac Newtons entwickelt hatten. Eine Analyse von Diagrammen aus Leonardo da Vincis Codex Arundel ergab, dass der Universalgelehrte der Renaissance ein sehr genaues Modell entwarf, das die Anziehungskraft der Erde als eine Form der Beschleunigung beschrieb. 

Die Ergebnisse der Forschungsarbeit wurden in der am 23. Februar 2023 erschienenen Ausgabe der amerikanischen Fachzeitschrift Leonardo veröffentlicht.

Leonardo da Vinci war seiner Zeit voraus

Leonardo da Vinci (1452 - 1519) war bei der Ausarbeitung der Konzepte zur Schwerkraft um das Jahr 1500 seinen Zeitgenossen weit voraus. 

Erst 1604  - also rund 100 Jahre später - stellte Galileo Galilei die Theorie auf, dass die von einem fallenden Objekt zurückgelegte Strecke proportional zum Quadrat der vergangenen Zeit ist.

Darauf aufbauend entwickelte Sir Isaac Newton in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts das Newtonsche Gravitationsgesetz, das beschreibt, wie sich Objekte gegenseitig anziehen. 

Da Vincis größtes Hindernis in der Vollendung seiner Formeln waren die ihm zur Verfügung stehenden Werkzeuge. So fehlte ihm zum Beispiel ein Messinstrument zur Bestimmung der Dauer des Falls der Objekte, mit denen er experimentierte. So konnte er nur Vermutungen bei der Ausarbeitungen seiner Formeln anstellen, die in Anbetracht dessen überraschend genau waren.

Leonardo da Vincis Entdeckung der Schwerkraft

Leonardo da Vinci Schwerkraft 3

Seite 143 des Codex Arundel von Leonardo da Vinci | Foto: British Library

Leonardo da Vincis Schwerkraftexperimente wurden zuerst von Mory Gharib, Professor für Luftfahrt und Medizintechnik an der US-amerikanischen Universität Caltech, in Leonardos Codex Arundel entdeckt, in dem zahlreiche seiner Notizen und Skizzen zu wissenschaftlichen, künstlerischen und persönlichen Themen gesammelt sind.

Anfang 2017 untersuchte Gharib da Vincis Techniken der Strömungsvisualisierung, um sie mit Studierenden zu diskutieren, als ihm eine Reihe von Skizzen auffiel. Diese Dreiecke scheinen durch Partikel gebildet zu werden, die wie Sand aus einem Gefäß austraten.

Dem Professor fiel auf, dass Leonardo eine der Hypotenusen der Dreiecke mit Equatione di Moti beschriftete, woraufhin er nachforschte, was es mit dieser Formulierung auf sich hatte.

Um die winzigen Skizzen analysieren zu können, mussten die Forscher da Vincis handschriftliche Anmerkungen übersetzen, die in seiner charakteristischen Spiegelschrift geschrieben waren, die von rechts nach links gelesen wird.

Anschließend führten die Forscher da Vincis beschriebene Experimente mit Hilfe von Computersimulationen durch.

Das Gravitationsexperiment von Leonardo da Vinci

In den Aufzeichnungen beschreibt da Vinci ein Experiment, bei dem ein Gefäß auf einer geraden Strecke parallel zum Untergrund bewegt wird und dabei entweder Wasser oder ein körniges Objekt wie Sand abwirft.

Aus seinen Notizen geht hervor, dass er sich bewusst war, dass das fallende Objekt nicht mit einer konstanten Geschwindigkeit fällt, sondern beschleunigt werden würde:

  • Wenn sich der Krug mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, ist die Linie, die durch das fallende Material entsteht, vertikal, sodass kein Dreieck entsteht. 
  • Wenn der Krug mit einer sich beschleunigenden Rate bewegt wird, bildet die Linie, die durch das fallende Material entsteht, eine gerade, aber schräge Linie, die dann ein Dreieck bildet. 
  • Wenn der Krug mit der gleichen Geschwindigkeit beschleunigt wird, mit der die Schwerkraft das fallende Material beschleunigt, entsteht ein gleichschenkliges rechtwinkliges Dreieck, das Leonardo da Vinci mit Equatione di Moti beschrieb.

Da Vinci versuchte, diese Beschleunigungsbeobachtungen mathematisch zu beschreiben.

Laut den Autoren der Publikation verfehlte Leonardo in diesem mathematischen Schritt nur knapp eine Sensation. Er modellierte das Experiment so, dass die Entfernung des fallenden Objekts proportional zu 2^t ist [wobei t für die Zeit steht], anstatt proportional zu t^2.

Das ist zwar falsch, aber dennoch hat er diese falsche Gleichung in weiteren Notizen richtig verwendet.

Die Wissenschaftler beschreiben das Resultat dieser mathematischen Formel als 97% korrekt. Auch wenn die Formel nach heutigem Wissen nicht ganz richtig war, ist das Ergebnis eine Sensation, vor allem in Anbetracht der Limitierung der Leonardo zur Verfügung stehenden Werkzeuge.

Die Experimente zeigen sein fundiertes Verständnis der Gravitationskraft, das dem Verständnis von Leonardos Zeitgenossen rund 100 Jahre voraus war.

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.