Architektur

3 Argumente, wieso die Elgin Marbles in London eigentlich nach Athen gehören

Elgin Marbles British MuseumFoto: Chris Devers / Flickr

Wieso stehen die Pyramiden von Gizeh heute in Ägypten? - Weil sie für den Transport nach England zu schwer waren. So oder so ähnlich wird heutzutage auf vielen Social Media über die Tatsache gewitzelt, dass Großbritannien noch heute im Besitz einiger Objekte von hoher geschichtlicher Bedeutung ist, die einst zu den größten Kulturschätzen anderer Nationen gehörten. Dazu gehören auch die sogenannten Elgin Marbles im British Museum, die von dem Parthenon der Athener Akropolis stammen.

In den letzten Jahren kam es international gehäuft zu Fällen, in denen geplünderte Objekte an ihre Ursprungsländer zurückgegeben wurden. Nur in Großbritannien scheint man nicht mit dem Gedanken zu spielen, die antiken Objekte an ihre Schöpfernationen abzutreten. Begründet wird das meist so, dass die Gegenstände und Kunstobjekte in Transaktionen gegen Geld erworben wurden.

Speziell bei den Elgin Marbles bedarf es einer genauen Betrachtung der Faktenlange, um diesem Argument etwas entgegenzusetzen. Aus diesem Grund findest du in diesem Artikel drei Argumente, mit denen man die Rückgabe der Elgin Marbles an Griechenland begründen könnte.

Argument 1: Fehlende Rechtsgrundlage des Exports

Grafik: Frühe Ausstellung der Elgin Marble im British Museum zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Dieses Argument basiert auf der Behauptung, dass Lord Elgin eine unrechtmäßige Handlung begangen hat, als er in den frühen 1800er Jahren die Skulpturen aus dem Parthenon entfernte und nach Großbritannien exportierte.

Zu dieser Zeit stand Griechenland unter der Kontrolle des Osmanischen Reiches, das seinen Hauptsitz in Konstantinopel hatte. Elgin beantragte und erhielt einen Firman, eine offizielle Erlaubnis der osmanischen Behörden, den Parthenon zu besuchen.

Obwohl das Original des Ferman verloren gegangen ist, existiert eine Kopie in italienischer Übersetzung von 1801, die besagt, dass es Elgin erlaubt war, Folgendes zu tun:

  • Die Mauern der Zitadelle frei zu betreten und die antiken Tempel dort zu zeichnen und mit Gips zu modellieren.
  • Gerüste zu errichten und dort zu graben, wo sie die antiken Fundamente entdecken wollen.
  • die Freiheit, alle Skulpturen oder Inschriften zu entfernen, die die Arbeiten oder Mauern der Zitadelle nicht beeinträchtigen.

Mit anderen Worten: Er durfte nur ein paar kleinere Ausgrabungen vornehmen und einige kleine Artefakte mitnehmen, aber keine größeren Teile des Gebäudes entfernen. 

Die Entfernung der Parthenon-Skulpturen hat eindeutig "die Werke und die Wände" des Parthenon beeinträchtigt. Viele argumentieren daher, dass Lord Elgin absichtlich gegen seine Genehmigung verstoßen und die Marmorstatuen ohne offizielle Erlaubnis entwendet hat.

Außerdem kann man argumentieren, dass die Osmanen gar nicht das Recht hatten, den Firman auszustellen. Sie kontrollierten Griechenland als Besatzungsmacht und es gab einen aktiven griechischen Widerstand gegen sie.

Nur wenige Jahre nachdem Elgin die Marmorstatuen in Besitz genommen hatte, brach der griechische Unabhängigkeitskrieg aus - 1832 war Griechenland erneut ein unabhängiger und moderner Staat geworden.

Wenn man der Meinung ist, dass die Osmanen damals nicht die eigentliche Regierung Griechenlands waren, sondern eine unrechtmäßige Besatzungsmacht, dann könnte man argumentieren, dass sie nicht berechtigt waren, jegliche Antiquitäten, geschweige denn die Parthenon-Skulpturen, abzugeben.

Zu guter Letzt kann auch die Authentizität des Ferman angezweifelt werden, der nur noch in einer Kopie existiert. Es gibt Historiker, die der Meinung, dass es nie ein Original gegeben hat und die Kopie lediglich im Nachhinein entstanden ist, um die Rechtmäßigkeit der Transaktion zu fingieren.

Argument 2: Mangelnder Kontext und fehlende Wertschätzung

Elgin Marbles Skulpturen

Skulpturen der Elgin Marbles | Foto: Chris Devers / Flickr

Schon zu Elgins Zeiten argumentierten einflussreiche Leute, dass die Entfernung der Parthenon-Skulpturen die Zerstörung eines einzigartigen und schönen Ganzen darstellte: Der Parthenon sei ruiniert worden und die Skulpturen stünden nun in keinem Zusammenhang mehr. Der berühmte Dichter Lord Byron war der Ansicht, dass Elgin Vandalismus begangen hatte, und schrieb über die Verunstaltung der Parthenonmauern in einem seiner Gedichte.

Der Schriftsteller Edward Daniel Clarke, der bei der Entfernung von Teilen der Skulpturen aus dem Parthenon zugegen war, sagte, dass der Tempel großen Schaden erlitten habe und dass er keinen Grund sah, die originalen Skulpturen zu entfernen, da bereits Abgüsse der Kunstwerke angefertigt worden waren. Die Briten hätten sowohl die exakten Abgüsse in ihrer Heimat bewundern als auch die Originale an ihrem richtigen Platz auf dem Parthenon sehen können.

Die Griechen, die immer noch stolz auf ihre verschwundenen Meisterwerke sind, haben kürzlich ein neues Museum im Schatten der Akropolis gebaut, das die Parthenon-Skulpturen beherbergen soll, sollten sie zurückgegeben werden.

Sie argumentieren, dass die Briten die Marmorstatuen nicht richtig gepflegt haben. Tatsächlich ist bekannt, dass Mitarbeiter des British Museum in den späten 1930er Jahren die Parthenon-Marmore mit Drahtbürsten abgeschabt haben, um sie heller aussehen zu lassen. Dabei wurden die meisten feinen Details der Skulpturen entfernt, darunter auch Details wie Muskeln und Sehnen.

Mit anderen Worten: Sie haben die Skulpturen irreparabel beschädigt.

Elgin Marmore beim Transport ins British Museum

Demnach wären die Parthenon-Skulpturen im British Museum fehl am Platz. Sie sollten eigentlich in Athen auf dem Parthenon stehen: hoch oben im Sonnenschein.

Sie in einem britischen Museum zu zeigen, bedeutet, dass niemand in der Lage ist, sie in ihrem richtigen Kontext zu würdigen. Dadurch wird allen die Gelegenheit verwehrt, die klassische griechische Kunst und Kultur besser zu verstehen.

Die Skulpturen sind Teil eines größeren Kunstwerks, und die Marmore nicht an ihrem ursprünglichen Standort an der Fassade des Parthenon aufzubewahren, bedeutet eine Abwertung ihrer Bedeutung als Kunst und historische Objekte.

Argument 3: Kulturelles Erbe

Das vielleicht schlagkräftigste Argument für die Rückgabe der Elgin Marbles lautet, dass die Skulpturen einen zentralen Teil des griechischen Kulturerbes darstellen.

Sie sind eine wichtige symbolische Verbindung, die das moderne Athen und die heutigen Athener mit der Bedeutung ihrer antiken Vorfahren haben.

Die Parthenon-Skulpturen wurden in Griechenland von Griechen geschaffen, um den Ruhm Griechenlands zu ehren. Sie repräsentieren die kulturelle Herkunft von Millionen von Menschen. 

Lenny
Der AutorLenny
Als Gründer von Daskreativeuniversum teile ich mein Fachwissen im Bereich der Kunstgeschichte und meine Erfahrungen in der zeitgenössischen Kunst mit dir.